Keine Frage des Wissens, sondern des Willens

Der Gedanke, dass man den Menschen durch Bildung verbessern und die Übel der Menschheit durch intellektuelle Aufklärung beseitigen könne, ist eines der Grundprobleme der griechischen Philosophie, des Humanismus und der Aufklärung. Das staatliche Erziehungssystem und das humanistische Bildungsideal verdanken ihre Existenz der Idee der Hebung der Sitten durch Bildung.

Dahinter steht der Gedanke, dass der Menschen nur deswegen falsch handelt, weil er unwissend ist oder falsch denkt, nicht aber, weil sein Wille böse ist und er unfähig ist, das Gute aus eigener Kraft zu tun. Man will die ethische und verantwortliche Seite aller Gedanken, Worte und Taten auf eine Wissensfrage reduzieren, die den Menschen bestenfalls dann verantwortlich macht, wenn er Bescheid weiss.

Aus: Thomas Schirrmacher. Theologische Ethik. Bd. 1. S. 62.