Neue Studie: 4 Haupttypen religiöser Profile

Diese neue Studie zur Religiosität der Schweizer ist höchst interessant. Inbesondere die Typisierung ist beachtenswert. Die Studie unterscheidet zwischen 4 Haupttypen der Religiosität

(1) Institutionelle
(2) Alternative
(3) Distanzierte
(4) Säkulare

Institutionelle sind Personen, denen christlicher Glaube und christliche Praxis im eigenen Leben viel bedeuten. Auf den kürzesten Nenner gebracht: es handelt sich um die Mitglieder der katholischen und reformierten “Kerngemeinden” sowie um die grosse Mehrheit der Mitglieder evangelischer Freikirchen. Institutionelle glauben sehr häufig an einen einzigen, persönlichen und überweltlichen Gott, der sich für jeden Menschen individuell interessiert. Sie sind überzeugt, dass das Leben nur durch Gott und Jesus Christus einen Sinn hat. Viele messen den Inhalten des christlichen Glaubens eine grosse Bedeutung zu. Vor allem säkulare oder atheistische Glaubensüberzeugungen werden von Institutionellen sehr kritisch gesehen. Alternativ-spirituelle Überzeugungen werden von einem Teil der Institutionellen (vor allem den Evangelikalen) vehement abgelehnt. Andere, eher progressive, Institutionelle können mit alternativer Spiritualität jedoch durchaus etwas anfangen. Institutionelle weisen eine ausgeprägte religiöse Praxis auf, welche im Zusammenhang mit dem Angebot der Kirchen und ihrer Kerngemeinden steht. Unten den Institutionellen gehen 51.3% wöchentlich oder fast wöchentlich zum Gottesdienst, 67.3% beten täglich. 33.4% nehmen monatlich an anderen religiös-kirchlichen Aktivitäten teil.

Alternative sind Personen, denen holistisch esoterische Glaubensansichten und Praktiken imLeben viel bedeuten. Alternative sprechen eher von “Spiritualität” als von “Religion”, weniger von “Glauben”, als vielmehr von “Erfahrung” und “Wissen”. Alternative erfahren etwa den Kontakt mit Engeln und Geistern und wissen um die Reinkarnation, das Gesetz des Karma, kosmische Energien, die Wichtigkeit der Chakren, geheime Meister, heilende Kräfte von Steinen, Pflanzen, Kristallen oder Händen. … Die Spiritualität der Alternativen ist extrem vielgestaltig und dennoch (oder gerade deshalb) schwer in Unterkategorien zu fassen. Es lassen sich aber dennoch drei grundlegende Eigenschaften ihrer Glaubensansichten (Wissen, Erfahrung) und Praktiken angeben: Holismus, Synkretismus und Naturverbundenheit. Holistisch ist die Spiritualität der Alternativen, weil sie reduktionistische Dichotomien (Unterscheidungen) wie Mann/Frau, hell/dunkel, gut/böse, Gott/Teufel und materiell/spirituell ablehnen. Um das dichotome Denken zu überwinden, betont man gerade die Verbundenheit der Dinge: das Göttliche und das Weltliche bilden eine Einheit. Diese Einheit ist sowohl männlich wie weiblich, materiell wie spirituell, und weist sowohl Licht- wie auch Schattenseiten auf usw. Im Weltbild der alternativen Spiritualität hängt alles mit allem zusammen. Synkretistisch ist die Spiritualität der Alternativen insofern, als Einflüsse unterschiedlichster kultureller Herkunft miteinander vermengt werden: fernöstliche, keltische, jungianische, ökologische, indianische, christliche und andere Überzeugungen werden in immer neue Verbindungen gebracht. Naturverbunden ist diese Weltsicht schliesslich, da die Natur meist für wichtig, wenn nicht gar für heilig gehalten wird.

Die grösste Gruppe in unserer Typologie sind die “Distanzierten”. Distanzierte glauben nicht nichts, sie haben gewisse religiöse und spirituelle Vorstellungen und Praktiken. Diese sind in ihrem Leben aber häufig nicht besonders wichtig und/oder sie werden nur in seltenen Fällen aktiviert. Distanzierte bezeichnen sich meist als Mitglieder einer der grossen Konfessionen und bezahlen dementsprechend Kirchensteuern – ansonsten bedeutet die Konfessionszugehörigkeit für sie jedoch lebenspraktisch nicht viel oder gar nichts. Sie glauben oft, dass es “irgend etwas Höheres” … oder irgendeine “Energie” … gibt, sie machen sich Gedanken über den “Sinn des Leben” oder den “Beginn der Welt”, aber sehr viel spezifischer können oder wollen sie nicht werden. Sie gehen vielleicht an grossen Festen (v.a. Weihnachten) in die Kirche, aber ansonsten zieht es sie nicht in die Gotteshäuser. Sie lassen ihre Kinder taufen oder konfirmieren, sind aber nicht der Meinung, dass dies im Vergleich zu anderen Elementen der Erziehung und Ausbildung besonders wichtig sei. Es wäre falsch zu denken, dass Distanzierte nur gegegenüber christlicher Religion und Kirche Abstand markieren – gleiches gilt für das Verhältnis zum alternativen und säkularen Pol. Distanzierte verwenden ein oder zwei alternative Techniken (z.B. Yoga, Reiki, Wahrsagen), messen diesen aber meist keine besondere spirituelle Dimension zu. Sie glauben vielleicht an eine alles durchströmende Lebensenergie – aber was es damit genauer auf sich hat, können sie nicht sagen. Schliesslich distanziert sich diese Gruppe auch vom säkularen Pol.

Die vierte Gruppe besteht aus den Säkularen. Hier handelt es sich um Personen ohne jede religiöse Praxis und ohne religiöse Glaubensüberzeugungen. Idealtypisch lassen sich zwei grössere Gruppen unterscheiden. Zum einen die Indifferenten. Es handelt sich um Personen, welchen Religion, Kirche, Glaube, aber auch Esoterik oder spirituelle Heilung völlig gleichgültig sind. Zum anderen finden wir in dieser Gruppe die Religionsgegner. Sie kritisieren sowohl institutionelle Religion als auch alternative Spiritualität in oft harscher Weise.

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