Wer geht schon gerne zur Schule?

Meine Frau, eine Pädagogin mit Leib und Seele und besonderem Interesse für Lernprozesse mit Jungs (wir haben ja selber fünf davon), kommt auf der Strasse ab und zu ins Gespräch mit Heranwachsenden. So geschehen im Bus. Ein bleicher, gut angezogener Zwölfjähriger drängte sich in den überfüllten Bus und stupste dabei herablassend eine Mutter, die mit ihren zwei kleinen Kindern im Eingangsbereich stand. Anstatt sich bei dem Betreffenden zu beschweren, suchte meine Frau das Gespräch. Sie sprach ihn auf sein teures Kickboard an. Stolz nannte er den Kaufpreis. Dann fragte sie ihn nach der Schule. Sofort war die gute Laune verschwunden. „Wer geht schon gerne zur Schule?“ fragte er verächtlich.

Ja, das ist eine gute Frage. Der Gruppensozialisierung sei Dank heisst es heute in der Lebensphase mit der meisten Zeit und Energie fürs Lernen: Lernen ist „uncool“. Warum eigentlich? Bei Heranwachsenden, die zu Hause unterrichtet werden, beobachte ich ganz andere Verhaltensweisen. Sie gehen mit Begeisterung und Ausdauer ihren Projekten nach. Sie lesen sich selbst durch dicke Fachbücher, fragen Erwachsene und gestalten, bauen, stricken und programmieren von sich aus. Was in der Schule in einem halben Jahr produziert wird, steht bei ihnen nach drei, vier Tagen.

Auf diese Form der Sozialisierung kann ich getrost verzichten!