Gedanken zum Jahresende (5): Das Gebet, die vornehmste Übung des Glaubens

Ich möchte weiter in dieser Übung wachsen. Calvin schreibt (Instutio, III,20,2):

Die Wohltat des Gebets schenkt uns nun dies, daß wir zu den Reichtümern durchdringen, die bei dem himmlischen Vater für uns aufgehoben sind. Das Gebet ist also gewissermaßen ein Verkehr des Menschen mit Gott: er tritt in das Heiligtum des Himmels ein und erinnert Gott persönlich an seine Verheißungen! Und dabei darf er, wo die Not es nun fordert, die Erfahrung machen, daß das, was er dem Worte auf seine bloß hinweisende Zusage hin geglaubt hat, nicht wirkungslos ist! Deshalb sehen wir auch, wie uns nichts vor Augen gestellt wird, das wir von Gott erwarten sollen, ohne daß wir zugleich auch die Weisung erhielten, es im Gebet zu begehren. Es ist also wirklich wahr: Das Gebet gräbt die Schätze aus, die unser Glaube im Evangelium des Herrn angezeigt gefunden und dort erschaut hat!

Wie notwendig aber die Übung des Gebets ist und in wievielerlei Hinsicht sie uns nützt, das läßt sich mit Worten überhaupt nicht genugsam aussprechen. Es ist wahrlich nicht ohne Grund, wenn der himmlische Vater uns bezeugt, daß das einzige Mittel zu unserem Heil in der Anrufung seines Namens besteht; denn damit rufen wir zugleich auch die Gegenwart seiner Vorsehung herbei, in der er ja immer auf der Wacht ist, für uns in allen Dingen zu sorgen, die Gegenwart seiner Kraft, durch die er uns Schwache und nahezu Ermattete aufrechterhält, und die Gegenwart seiner Güte, durch die er uns, die wir jämmerlich unter der Last unserer Sünden bedrückt werden, in seine Gnade aufnimmt. Kurz, wenn wir seinen Namen anrufen, so rufen wir Gott ganz herbei, daß er sich uns als gegenwärtig erweise! Daraus erwächst unserem Gewissen eine herrliche Stille und Ruhe; denn wenn wir die Not, die uns bedrückte, dem Herrn vorgelegt haben, dann finden wir darin völlige Sicherheit, daß nun der, welcher nach unserer festen Überzeugung das Beste für uns will und das Beste für uns schaffen kann, all unsere Nöte kennt!