Altes Leben unter neuen Vorzeichen weiterführen? Nein, danke!

Überarbeitete Notizen aus der Vorlesung mit Dr. Ashley Null „Die Rechtfertigungslehre der Reformatoren“

Die ganze Theologie kann auf zwei Prinzipien reduziert werden: Gesetz und Evangelium. Das Gesetz sagt uns, was wir tun sollen; das Evangelium sagt uns, was Gott getan hat und tun wird. Beim Gesetz geht es um unser Tun, beim Evangelium um Gottes Taten. Das Gesetz sagt uns, was wir tun sollen, doch können wir dies tun? Für Luther war der grösste Teil der damaligen Theologie Gesetz. 95 % der Kanzeln, ob liberal und konservativ, sagen dem Menschen, was er zu tun hat. Die Aussagen sind zwar unterschiedlich: Die einen sprechen vom vorehelichen Sex, die anderen predigen die Rettung des Regenwaldes. Was ist die Funktion des Gesetzes? Es sollte klar machen, dass alles, was du tust, verdorben ist und damit nutzlos.

Wie viele Christen haben sich an einem bestimmten Punkt ihres Lebens gesagt: In dieser Welt verhungere ich. Nun gehe ich zu meinem himmlischen Vater und beginne ein neues Leben. Ich halte jetzt seine Regeln ein. Darauf stütze ich meine Beziehung zu Gott ab. Und so setzt sich das alte Leben unter neuen Vorzeichen fort. Für Luther gab es jedoch keinen neutralen Boden. Jeder Versuch, uns selbst einen Verdienst zuzuschreiben, teilte er der Kategorie „Gesetz“ zu. Dieses Gesetz aber führt zum Tod.

Wir müssen zugeben: Unser Herz ist immer noch voll von Gesetz. Das Evangelium handelt jedoch davon, was Gott für uns getan hat und tut. Gott erklärt nämlich die Schuldigen für unschuldig (Röm 4,5). Gott rechtfertigt Böse und Feinde. Dies ist das Evangelium. Es ist die Herrlichkeit Gottes, dass er die Unwürdigen liebt. Er erklärt sie im Gerichtssaal für gerecht. So soll unser Vertrauen in das gesetzt werden, was Christus getan hat. Gott sieht Christus und nicht mehr uns. Glaube ist ein Geschenk und kein Werk.

Weil dieses Werk so skandalös ist, versucht die Kirche seit 2000 Jahren dieses Konzept auszulöschen. Was ist Rechtfertigung?

  1. Die Rechtfertigung ist forensisch. Wir werden für gerecht erklärt. Wir haben den Zunder, der sich leicht entzündet und zur Sünde reizt, noch in uns. Wir sind Heilige und Sünder gleichzeitig.
  2. Die Rechtfertigung ist „factitive“. Wir sind gerecht gemacht. Die Gerechtigkeit Gottes ist uns angerechnet (siehe Röm 4,5). Christus wurde für uns zur Sünde gemacht, er ist mit ihr eingekleidet worden. Christus kleidet uns mit seinem Recht in Gottes Gegenwart zu stehen ein. Er tut es auch dann, wenn wir noch immer den „Zunder“ in uns tragen. Wie sich Noah in der Arche barg, so ist Jesus unsere Arche, in die wir hineingehen und vor dem Gericht geschützt werden. Wenn Gott uns sieht, dann sieht er Christus. Er sieht seine Gerechtigkeit, die für uns erwirkt worden ist.
  3. Die Rechtfertigung ist extrinsisch. Wenn seine Gerechtigkeit nur in uns drin wäre (intrinsisch), dann wäre es zu wenig. Sie kommt von aussen zu uns. Nur Jesus vermag in der Gegenwart Gottes zu stehen. Seine Gerechtigkeit ändert ihren Status nie. Die Gerechtigkeit von Christus ist permanent. Es ist eine fremde Gerechtigkeit, nicht die eigene. Darum ist es Evangelium, weil es nicht um uns geht.