Zitat der Woche: Ein Teufel zu Hause, ein Heiliger draussen

Eine eindrückliche Passage aus der Pilgerreise. Getreu schildert Pilger “Christ” den Weggefährten “Geschwätzig” (hier in einer alten Übersetzung).

Er spricht zwar von Gebet, von Buße, von Glauben oder von Wiedergeburt, aber er weiß auch nur davon zu sprechen. Ich bin in seiner Familie gewesen und habe ihn sowohl daheim als draußen beobachtet, daher bin ich überzeugt, daß ich Wahrheit von ihm rede. Sein Haus ist gerade so ohne Gottesfurcht, wie das Weiße im Ei ohne Geschmack. Da ist kein Gebet, kein Zeichen von Buße, ja ein unvernünftiges Thier dient in seiner Art Gott besser, als er. Er ist ein Schandfleck und eine Schmach für das Christenthum und ein Anstoß für Alle, die ihn kennen. Durch ihn kommt’s, daß in dem ganzen Stadttheile, wo er wohnt, kaum noch ein gutes Wort gehört wird. Drum haben die Leute, die ihn kennen, auf ihn das Sprichwort gemacht: Ein Teufel im Hause, und ein Heiliger draußen. Seine arme Familie erfährt dies auch wirklich: er ist ein schrecklicher Geizhals und dazu ein Polterer, der mit solchen Scheltworten über sein Gesinde her fährt und so unvernünftig ist, daß sie nicht wissen, was sie thun oder sagen sollen. Jedermann, der Etwas mit ihm zu thun hat, sagt: man kann besser mit einem Türken fertig werden, wie mit ihm, denn der würde doch ehrlicher verfahren. Dieser Geschwätzig soll womöglich noch schlimmer sein im Betrügen, Überlisten und Übervortheilen. Daneben erzieht er seine Söhne so, daß sie gerade in seine Fußstapfen treten, und nimmt er bei einem von ihnen eine alberne Schüchternheit wahr, denn so nennt er das erste Erwachen des Gewissens, so schimpft er ihn einen Narren und Dummkopf und will ihm unter keiner Bedingung eine Beschäftigung geben oder ihn Andern empfehlen. Ich glaube für mein Theil, daß er durch seinen schlechten Lebenswandel Manchen zum Straucheln und zum Fall gebracht hat, und so wird er, wenn Gott es nicht verhütet, noch Manchen in’s Verderben bringen.

Hier geht es zu einer überarbeiteten EBook-Ausgabe des Folgenverlags, für die ich das Vowort verfassen durfte.