Standpunkt: Die Lehre von der Erwählung und Verantwortung

Ich bin gefragt worden, welche Texte ich zum Thema der Erwählung und Verantwortung der Menschen empfehlen würde. Der Bibelleser soll sich vor allem ein gründliches Bild durch den systematischen Zusammenzug aller Bibelstellen machen und nachher von Owen, Luther und Augustinus die Schriften zu Gemüte führen, die durch intensive Debatten entstanden sind. Also:

1. Der ausgezeichnete, thematische geordnete Zusammenzug hunderter von Bibelstellen (Thomas Schirrmacher, Ethik Bd. 1, Lektion 5). Diese Zusammenstellung war es , die mir vor Jahren zum ersten Mal eine gesamtheitliche Sicht auf Altes und Neues Testament jenseits vom gesellschaftlich tief verankerten Libertinismus gegeben hat.

  • Allwissenheit Gottes
  • Vorherwissen Gottes
  • Gott ist allmächtig.
  • Gott regiert und bestimmt die Schöpfung.
  • Gott erhält die Welt grundsätzlich und im einzelnen.
  • Gott schafft und wirkt das Böse und lenkt es.
  • Gott kontrolliert und sendet böse Geister.
  • Gott benutzt das Böse.
  • Die Vorherbestimmung in bezug auf die Ereignisse allgemein
  • Biblische Bücher und längere Texte, in denen die Vorherbestimmung aller Ereignisse durch Gott eine massgebliche Rolle spielen
  • Ereignisse sind zeitlich im voraus festgelegt.
  • Leben und Tod stehen allein in Gottes Hand.
  • Die Todesstunde steht in Gottes Hand.
  • Praktische Beispiele für Gottes Eingreifen
  • Die Vorherbestimmung umfasst auch scheinbar zufällige Ereignisse.
  • Die Vorherbestimmung umfasst auch das Leben des einzelnen.
  • Prädestination der Engel
  • Der Ausdruck „Vor Grundlegung der Welt“
  • Gott verstockt und verhärtet.
  • Gott erwählt sein Volk und bewirkt das Gute in ihm.

2. Die ausgezeichnete exegetische Untersuchung von John Owen zur Frage, für wen das Sühnopfer Christi gilt, in englischer Sprache online erhältlich. Die deutsche Übersetzung ist günstig erhältlich. Das Buch ist mit ca. 100 Seiten kurz. Im Vorwort schreibt Owen:

Sieben Jahre lang habe ich das Thema studiert, sowohl in der Bibel, als auch in allen anderen zur Verfügung stehenden Büchern. Meine Bitte ist deshalb, dass Sie das Buch sorgfältig lesen. Wenn jemand einzelne, aus dem Zusammenhang gerissene Punkte dieses Buches zu widerlegen wünscht, so mag er mit meiner Erlaubnis seinen scheinbaren Erfolg genießen. Doch wer ernsthaft das ganze Buch studiert, der muss, so meine ich, von seiner Richtigkeit überzeugt werden.

3. Erst jetzt – nach einer eingehenden exegetischen Studie – empfehle ich das (polemische) Buch von Martin Luther "Vom unfreien Willen". (Eine Version des ersten Drucks von 1525 steht online zur Verfügung.) Man schaue sich die Argumentation von Erasmus "Vom freien Willen" (ebenfalls eingescannt) im Vergleich dazu an.

4. Der aufmerksame Leser wird merken, dass ich nicht Calvin angeführt habe. Der geneigte Leser wird von den Ausführungen von Thomas von Aquin, Summe der Theologie (Bd. 1) ebenso profitieren wie von Augustinus' De natura et gratia, De spiritu et littera (beide online, englisch). Am besten holt man sich die deutsche Übersetzung von Augustins "Schriften gegen die Pelagianer" oder "Schriften gegen die Semipelagianer" aus einer Bibliothek.