Das zweite Gebot: Zerrbilder Gottes

“Du sollst dir kein Bild von mir machen.” Wer das zweite Gebot liest, denkt vielleicht an den Bildersturm zur Zeit der Reformation oder an die Marienverehrung. Der Gedanke geht aber viel weiter: Jedes Zerrbild Gottes ist ein falsches Bild von ihm. Damit geht uns das zweite Gebot direkt an. Denn: Wir stehen permanent in der Gefahr unsere eigenen Bilder von Gott auf ihn zu projizieren.

Eine mögliche Frage, um diesen Zerrbildern auf die Spur zu kommen, lautet: Welche Aspekte, die Gott in der Bibel von ihm selbst offenbart, bereiten mir Mühe?

Gedankenmuster und Veränderungsstrategien für Perfektionisten

Richard Winter befasst sich in diesem Aufsatz mit Gedankenmustern, Ursachen und Veränderungsstrategien für Perfektionisten. Lesenswert!

Einige Ausschnitte aus dem ersten Teil “Gedankenmuster”.

(1) Alles-oder-Nichts, Schwarz-Weiß-Denken. Ich muss alles genau richtig machen oder es gleich sein lassen. Eine Person, die Dinge in dieser Weise betrachtet, sieht alles in völliggegensätzlichen Kategorien beispielsweise von absoluter Ordnung oder Chaos, absoluter Sauberkeit oder totalem Schmutz, absolut gut oder absolut böse, ein Heiliger oder ein Sünder sein, ein kompletter Erfolg oder eine absolute Niederlage. Hinter diesem Alles-oder-Nichts bzw. Schwarz-Weiß-Denken steckt eine tiefe Angst zu versagen.

(2) Intoleranz der Mehrdeutigkeit. … Perfektionisten stellen oftmals ihre Gefühle in den Mittelpunkt – sie schwanken von einem Pol zum anderen, ohne jemals völlig zufrieden zu sein.

(3) Eine Tyrannei der „müsste“ und „sollte“ des Lebens. Hier geht es darum, dass sich bestimmte Verpflichtungen innerlich immer mehr verfestigen.

(4) Eine praktische Folge davon, alles richtig machen zu wollen, ist übermäßiges Zögern und Unentschlossenheit. Das Motto des Perfektionisten könnte „Nichts gewagt, nichts verloren“ lauten.

(5) Beziehungen verschlechtern sich verständlicherweise durch die zugrundeliegende Angst, abgelehnt zu werden.

Das Verhalten von Kapitän S. – ein Negativbeispiel für uns Männer

Die Geschichte um den Kapitän des gekenterten Kreuzfahrtschiffes bewegt die Welt. Zu Recht, wie Albert Mohler feststellt:

It is a portrait of moral collapse and the forfeiture of manhood.

Was besonders erschüttert, ist sein Verhalten nach dem Auffahren.

He failed to do what any man in his position would be expected to do. He even refused a direct command to take up his duty, once he had abandoned it.

Mohler stellt diesem Verhalten das geradlinige Verhalten anderer Kapitäne gegenüber und resümiert dann:

The decisions we make in the present will determine the kind of decision we would make in the future if we were to face the same challenge.

Das erste Gebot: Welche falschen Anbetungsobjekte dominieren mein Leben?

Du sollst keinen anderen Gott haben neben mir. Dieses erste Gebot ist das wichtigste. Weil wir in Gottes Ebenbild geschaffen sind, ist unser ganzes Leben auf ihn ausgerichtet. Dieser Bauplan kann nicht grundsätzlich verändert, sondern höchstens „übersteuert“ werden. Das bedeutet, dass wir wie die Nadel eines Kompasses auf ein „Objekt der Anbetung“ ausgerichtet sein müssen. Wenn Gott nicht den ersten Platz in unserem Leben hat, rückt eine Dimension seiner Schöpfung an ihren Platz: Ich selbst, andere Menschen oder geschaffene Dinge.

Darum lautet die Frage: Welche falschen Anbetungsobjekte dominieren mein Leben? Meine persönliche Antwort: Oft sind es die Bücher oder meine eigenen Projekte.

Zum Modewort “Entschleunigung”

Manager wünschen schöne Feiertage und schreiben in ihren Jahreswechselschreiben von “Entschleunigung”. Dieser Artikel aus der faz setzt sich kritisch mit dem Konzept auseinander. Nach dem Urteil des Verfassers

haftet dem Willen zur Entschleunigung etwas Künstliches an. Im Meer der Reize zieht der Einzelne seine Bahnen, ohne Wasser zu schlucken.

Hinter der Entschleunigungsideologie stehe die Grundannahme

dass der Mensch sich nur in langfristigen Perspektiven begreifen könne, während ihm in der Kurzfristigkeit prekärer Lebensverhältnisse, in denen die Zukunft offen und die Rente nicht sicher ist, das Narrativ abhandenkommt.

Was soll aber falsch sein an gesundem Menschenverstand und Entscheiden, die in Not und unter Druck gefällt werden?

Was ist Pragmatismus in Politik und Arbeit aber anderes als der just in time agierende Sachverstand? Wie authentizitätsversessen muss man sein, um die deadline als transhumanes Übel der Beschleunigungskultur zu denunzieren? Was weiß diese gedankenlose Schmähung schon von der belebenden Wirkung der letzten, allerletzten und allerallerletzten Frist?

Diesen Überlegungen zum Trotz sehe ich dennoch den Wunsch nach “Entschleunigung” als Teil der menschlichen Sehnsucht nach (wahrer) Ruhe. Dies wird meisterhaft von Blaise Pascal beschrieben.

Die Erlösung geht den Geboten voraus

Viele überlesen den ersten Satz, mit denen die Zehn Gebote eröffnet werden. In dieser feierlichen und wichtigen Eröffnung des Bundesdokuments zwischen Gott und seinem Volk heisst es:

Ich bin der Herr, dein Gott, der dich aus der Sklaverei in Ägypten befreit hat. (2. Mose 20,2)

Die Bedeutung dieser Einleitung ist kaum zu unterschätzen. Denn der gelebte Leitsatz vieler Menschen (auch von Christen) scheint so zu lauten:

1. Variante: Tue, dann wird für dich getan.

2. Variante: Du musst nichts mehr tun, denn es wurde für dich getan.

Der Kern der biblischen Botschaft lautet jedoch: Tue, weil für dich getan worden ist. Die Grundlage unserer Beziehung zu Gott ist die Erlösung. Nur der erlöste Mensch ist durch den Heiligen Geist in der Lage, Gottes Gebote zu erfüllen (auch wenn er danach oft strauchelt). Und er ist nicht nur fähig dazu, das neue Leben verlangt sogar danach (auch wenn dies in ständiger Spannung zum alten Leben steht).

Einige weitere Posts zum Thema:

Hasste Jesus Religion?

Es gibt Dinge, die hören sich gut an, fühlen sich gut an und liegen voll im Trend der Zeit. So machte in den USA jüngst ein Youtube-Film von sich reden. Die Kernbotschaft: Jesus hasst Religion. Kevin DeYoung hat nicht nur eine Kritik verfasst, er ist auch mit dem Verfasser in einen Dialog gekommen. Die Tatsache, dass bis dato 750 Kommentare hinterlassen und einige Zehntausend den Artikel als “empfehlenswert” markiert haben, deutet auf die Aktualität des Themas hin.

Hasste Jesus Religion? Nein.

The only problem is, he didn’t. Jesus was a Jew. He went to services at the synagogue. He observed Jewish holy days. He did not come to abolish the Law or the Prophets, but to fulfill them (Matt. 5:17). He founded the church (Matt. 16:18). He established church discipline (Matt. 18:15-20). He instituted a ritual meal (Matt. 26:26-28). He told his disciples to baptize people and to teach others to obey everything he commanded (Matt. 28:19-20). He insisted that people believe in him and believe certain things about him (John 3:16-18; 8:24). If religion is characterized by doctrine, commands, rituals, and structure, then Jesus is not your go-to guy for hating religion.

Ich glaube, dass Politiker keine politischen Überzeugungen haben

Chesterton bemerkt, dass ihn sein Umgang mit Politikern gelernt habe, dass mit der Zunahme der Verantwortung die Positionen immer vager würden.

Es machte … nicht aus, eine alberne Frage … zu beantworten, aber wenn es eine vernünftige Frage über eine Steuererhöhung gewesen wäre, würde er sich, wenn auch in aller Liebenswürdigkeit, einer geschickten Fechtkunst bedient haben. … Er war ein Man der Öffentlichkeit, soweit solche Männer der Öffentlichkeit angehören. Sie schienen aber alle um so verschwommener zu werden, je höher sie aufsteigen. Es sind die Jungen und Unbekannten, die entschiedene Maximen und scharf formulierte Ansichten haben. Ich drückte es einmal dahingehend aus, dass ich sagte: Ich glaube mit einiger Berechtigung, dass Politiker keine politischen Überzeugungen haben.

G. K. Chesterton. Autobiographie. nova & vetera: Bonn 2002. (133)

Ich würde ihn eine Woche auf Brot und Wasser setzen

Das Schiffsunglück vor der Insel Giglio gibt in unserer Familie viel zu diskutieren. Wie kann ein Kapitän als erster das Schiff verlassen? Wie kommt es, dass ein Gefährt mit mehreren Tausend Passagieren an Bord von den Launen eines Einzelnen abhängig ist? Mit welchem Geld bezahlt der Schuldige den entstandenen Schaden? Die Fragen, Beurteilungen und Vorschläge überschlagen sich, meine Buben sind voll im Element.

Mein Ältester: “Also, ich würde ihn eine Woche auf Brot und Wasser setzen und erst dann wieder Sirup geben.”

Momente im roten und im grünen Bereich: Serie Woche 3

Rot:

  • Ab und zu nehme ich Zahnkontrollen vor. Wenn ich bemerke, dass die Zähne nicht sauber geputzt sind, spüre ich, wie sich mein inneres Kontrollorgan meldet. Ich schwanke zwischen Kontrolle und Raum zur Selbstverantwortung.
  • Mit vier meiner Söhne bin ich auf dem Nachhauseweg. Kaum habe ich den Zebrastreifen überquert, heulen zwei Autos vorbei. Geschätzte Geschwindigkeit: 80 bis 100 km/h. “Wenn ich die nochmals sehe, schreibe ich mir die Nummer auf.” Tatsächlich rasen sie kurze Zeit später in die entgegen gesetzte Richtung – zu schnell um mir die Nummer zu merken. Erst beim dritten Mal gelingt es mir, eine Nummer zu merken und die Polizei zu informieren.
  • Ich stehe mit meinem Vierten vor der Turnhalle, mitten unter den wartenden Eltern. Der knapp Dreijährige strapaziert zur Zeit meine Nerven, weil er sich mehr Freiraum herausnehmen will. So reisst er immer wieder aus. Als ich ihn an der Hand halte, schreit, zetert und tanzt er herum. Sehr zum Vergnügen der Umstehenden.
  • Zu Weihnachten haben wir drei schöne Figuren für den Baum bekommen: Zwei Pilze und einen Bernhardiner (Hund). Leider lösten sich eine nach der anderen vom dünnen Faden und zerbersten auf dem Boden, zwei davon nachts. Mein Dritter springt aus dem Bett und betrachtet entsetzt den Scherbenhaufen.

Grün:

  • Nach einigem Hin und Her begleite ich meinen Ältesten neu am Freitag in den Schwimmkurs. Auch der Zweite darf mitkommen. Entgegen meiner Erwartung läuft alles tipptopp, ich muss mich beeilen, weil die zwei so schnell sind mit dem Umkleiden und Duschen.
  • Nach einigen Monaten Einübungszeit gelingt es mir immer besser, meine Zeiten unterwegs mit meinen vier Jungs besser zu gestalten. Bereits haben wir einige Rituale eingebaut: Zum Beispiel gehen wir immer zum gleichen Schuhladen und schauen uns ein bestimmtes Gestell an. Wir beurteilen alle ausgestellten Exemplare und halten uns vor Lachen den Bauch.
  • Manchmal braucht es ein deutliches Wort vom Vater – zum Beispiel zur Arbeitshaltung. Es gilt: Wenn am Morgen geplämpert wurde, werden am Nachmittag zusätzliche Aufgaben gelöst. Es gibt kein Murren, die Buben setzen sich hin und rechnen eifrig.
  • Ich stehe vor dem verschlossenen Zimmer und – lausche auf die Geräusche, die von innen kommen. Mein Zweiter ist am Singen. Er geht seit zwei Jahren hin und tut kaum den Mund auf. Ich schrecke auf und trete einen Schritt zurück. So laut hatte mein Junge die Singübungen gemacht. Kurze Zeit später steht ein strahlender Junge und eine lächelnde Singlehrerin vor mir.