Jesper Juul, dänischer Familientherapeut und erfolgreicher Ratgeber-Autor, sieht in der Erziehungsbiographie der aktiven Elterngenerationen einen Grund für die Selbstverliebtheit der Heranwachsenden.
In den 70-er und 80-Jahren betrachteten wir die Freiheit, unserer persönlichen Lust und Neigung nachzugehen, als Gegengift gegen all die Pflichten, die man uns früher aufgelegt hatte.
Viele heutige Eltern sind – im Gegensatz zu ihren Eltern – Ja-Sager geworden:
Zu Beginn der 90er-Jahre haben Eltern eine andere Strategie gewählt. Sie sagen sicherheitshalber Ja, und nur ihr Zögern, ihr resigniertes Schulterzucken und der widerwillige Klang ihrer Stimmen verraten, dass sie sich danach sehnen, auch einmal Nein sagen zu können. … Wir haben allen Grund anzunehmen, dass zu viele halbherzige, indirekte, korrupte oder defensive Jas die Beziehung zwischen Eltern und Kindern belasten. … Wenn wir nicht die Möglichkeit haben, Nein zu sagen – dies zumindest so empfinden – bleiben uns nur drei gleichermassen unbefriedigende Möglichkeiten: das lauwarme Ja, die Lüge oder die Resignation.
Jesper Juul. Nein aus Liebe. Kösel-Verlag: München 2008. S. 62+17+20+82.