Mit dem Wort ‘Gott’ kann vieles gemeint sein. Und so gibt es auch vielerlei Theologien. Kein Mensch, der nicht bewusst oder unbewusst oder halbbewusst – als Gegenstand seines höchsten Begehrens und Vertrauens, als Grund seiner tiefsten Bindung und Verpflichtung auch seinen Gott oder seine Götter hat und insofern auch Theologe ist.
Das gilt nicht nur da, wo man diese Gottheit als Inbegriff der Wahrheit und Macht irgendeines höchsten Prinzips positiv zur Geltung bringen oder doch gelten lassen möchte, sondern auch da, wo man es auf ihre Leugnung abgesehen hat, die ja praktisch doch nur darin bestehen wird, dass man genau ihre Würde und Funktion etwa auf die ‘Natur’, auf einen unbewussten oder gestaltlosen Lebensdrang, auf die ‘Vernunft’, auf den Fortschritt oder auf den fortschrittlich denkenden und handelnden Menschen, vielleicht auch auf ein erlösendes Nichts überträgt, in das einzugehen des Menschen Bestimmung sei: Theologien sind auch solche scheinbar ‘gottlosen’ Ideologien.
Karl Barth. Einführung in die evangelische Theologie. TVZ: Zürich 2006.