Auf einem Urlaubsspaziergang sah ich im Vorbeigehen die Schlagzeile des Tagesanzeigers "Wenn Kinder ihre Eltern misshandeln".
Kinder und Jugendliche erpressen ihre Eltern auf perfide Art, werfen mit Gegenständen nach ihnen und traktieren sie mit Faustschlägen.
Sind die steigenden Zahlen darauf zurückzuführen, dass sich Eltern häufiger melden? Oder sind die Fallzahlen tatsächlich steigend? Dies bleibt aufgrund fehlender Vergleichszahlen offen. Die Dunkelziffer ist jedenfalls hoch, denn viele Eltern schämen sich, den häuslichen Notstand zuzugeben.
Dario Venutti stellt sie, die Frage der Fragen (die zugegebenermassen etwas abgedroschen klingt):
Ist die Gewalt gegen Eltern ein weiterer Beleg für den oft beklagten Zerfall der Familie und eine allgemeine Verrohung der Jugend?
Er stellt folgende These auf:
Wer seinen Kindern hauptsächlich Angst einflösst, vermittelt ihnen ein geringes Selbstwertgefühl. Da wird Gewalt seitens der Kinder zum letzten Mittel, um Aufmerksamkeit zu erregen.
Doch dies ist nur die eine Seite der Medaille. Denn: Wer mit den Kindern
wie ein Kumpel umgeht, läuft Gefahr, keine Grenzen zu setzen und damit seine Rolle als Eltern preiszugeben. Schläge gegen die Mutter sind ein Zeichen dafür, dass Kinder dieses Vakuum füllen. Soll Erziehung gelingen, braucht es beides: verlässliche Regeln und den Aufbau einer Beziehung.
Ähnlich sieht es auch die Familientherapeutin Gallebes. Hinter den Dramen stünden oft
langjährige Geschichten von Eltern, die ihre Kinder verwöhnen, die nicht zu viele Regeln aufstellen, nicht zu streng sein wollen. Irgendwann merken sie, dass sie doch Grenzen setzen müssen. Dann ist es oft schon zu spät. Die Jugendlichen akzeptieren diese Grenzen dann gar nicht mehr.
Aus Sicht christlicher Ethik stimme ich beiden Seiten zu
- der Seite der Beziehung: Durch den verbindlichen Rahmen der Ehe wachsen unsere Kinder in einer Atmosphäre der Geborgenheit auf. In einer wohlwollenden Umgebung erfahren sie bedingungslose positive Wertschätzung.
- der Seite der Disziplinierung: Eltern wissen um die Verdorbenheit des Kindes. Sie können ihre Gaben Gott und zum Wohl anderer Menschen, aber auch zum Nachteil des Nächsten einsetzen. Bei manchen Gelegenheiten fragen sich Eltern: Wie kann er (oder sie) plötzlich so böse und hinterhältig sein? Kinder sind Sünder. Kein Mensch genügt (auch die Eltern nicht).
Deshalb ist es eine vorrangige Aufgabe die Kinder zu Christus zu bringen. Es gilt dasselbe, was J. I. Packer in Bezug auf die Prediger sagt:
Während sie ihr Werk tun und den Menschen Christus vor Augen malen, tut der mächtige Retter, den sie verkündigen, Sein Werk durch ihre Worte und sucht Sünder mit seiner Errettung heim, indem Er ihren Glauben weckt und sie aus Barmherzigkeit zu sich zieht. (J. I. Packer in: John Owen. Durch seinen Tod. RVB: Hamburg 1994.)
Passende Buchreihe: Hanniel Strebel. Lernerlebnisse mit Kindern.
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