Eine interessante exegetische Begründung für Ordnung der Visitation der Kirchgemeinden aus der Feder von Martin Luther. Ich meine: Manchen Gemeinden täte eine Visitation eines geistlich gesinnten Visitatoren gut…
Was für ein gottgefälliges, heilsames Werk es ist, die Pfarreien und christlichen Gemeinden durch verständige, geeignet Leute zu besuchen, das zeigt uns zur Genüge sowohl das Neue als auch das Alte Testament. Denn so lesen wir Apg 9,32, dass S. Petrus im judäischen Lande umherzog; und S. Paulus durchzog mit Barnabas (Apg 15,2) gleichfalls aufs neue alle Orte, wo sie gepredigt hatten. Auch bezeugt er in allen Briefen, wie er für alle Gemeinden und Pfarreien Sorge trägt: er schreibt Briefe, sendet seine Schüler hin, macht sich auch selbst auf den Weg, geradeso auch die Apostel (Apg 8,14): als diese hörten, wie Samaria das Wort angenommen hatte, sandten sie Petrus und Johannes zu ihnen. Und im Alten Testament lesen wir ebenfalls, wie Samuel bald nach Rama, bald nach Nob, bald nach Gilgal usw. unterwegs war (1 Sam 7,15 ff), nicht aus Freude am Spazierengehen, sondern weil er sein Amt lieb hatte und dessen Pflichten nachkam, und weil das Volk es nötig hatte und brauchte. Ebenso machten es auch Elia und Elisa, wie wir in den Königsbüchern ( 1Kön 17ff; 2Kön 1ff) lesen. Dieses Werk hat auch Christus selbst am fleissigsten von allen getan, so dass er deswegen nicht einmal einen Platz auf Erden behielt, wo er sein Haupt hinlegen konnte, der sein eigen gewesen wäre (Lk 9,58). Sogar schon im Mutterleibe fing er das an, als er mit seiner Mutter über das Gebirge ging uns S. Johannes besuchte (Lk 1,39).
Martin Luther. Von weltlicher Obrigkeit. Siebenstern Taschenbuch Verlag: München und Hamburg 1965. (202)