Wenn eine Minderheit von der Korruption profitiert

Ein Artikel der NZZ zu Serbien, verfasst vom Journalisten und Autoren Dragan Velikić, hat mich nachdenklich gestimmt. Er schreibt:

Liegt die EU-Mitgliedschaft Serbiens überhaupt im Interesse der Mehrzahl seiner Bürger? Ich meine schon, aber auf diese allein kommt es nicht an, denn darüber entscheiden auch diejenigen, die sich durch europäische Werte bedroht fühlen, und das ist ein bunter Haufen ganz unterschiedlicher Typen, zusammengeschlossen zu einem festen antieuropäischen Block. Mit dem Eintritt in den EU-Klub mit seinen sehr klaren und strengen Benimmregeln würden nämlich zahlreiche serbische Bürger um ihre Existenz gebracht. Machen wir uns nichts vor, solche Bürger gibt es viel mehr, als es auf den ersten Blick erscheint, viel mehr, als es Untersuchungen und Statistiken besagen, viel mehr, als die korrupten, heuchlerischen und unfähigen Politiker zugeben wollen und können. Diese Bürger sind zwar in der Minderheit, aber ihr Einfluss auf die Zustände in Serbien ist sehr gross.

Man braucht nur abends durch die Strassen Belgrads zu spazieren, um den ganzen Glamour des Balkan-Jetsets zu sehen. An einigen Stellen kommt man nicht einmal als Fussgänger zwischen den dichten Reihen von parkierten Geländewagen und Limousinen mit getönten Fensterscheiben durch. Elitäre Restaurants und Klubs sind tags wie nachts voll. Überall stösst man auf Boutiquen und Geschäfte mit Luxusartikeln. Wie ist es möglich, dass in einem Land, in dem die Hälfte der Betriebe stillsteht und die andere Hälfte eine Produktion nur vortäuscht, in einem Land, in dem, nach der Werbung zu urteilen, nur die Anbieter von Dienstleistungen vom Mobilfunk bis zu Schönheitssalons gute Geschäfte machen, überhaupt ein Markt existiert? Wer sind die Kunden dieses Markts? Und woher haben sie Geld?