Der Staat im Wettbewerb um die Loyalität des Einzelnen – Familien beschnitten

Ein dreiteiliger Artikel auf dem Blog einer deutschen Freilernerfamilie setzt sich mit den Ansprüchen von Familie und Staat auseinander. Zuerst wird der Solidarverband der Familie als Primärordnung beschrieben:

Unser modernes Gesellschaftsbild bewegt sich zwischen den drei Orientierungspunkten Gott, Staat und Individuum. Das biblische Menschenbild hingegen betont viel stärker eine weitere Gesellschaftsebene: Das Haus, den Oikos, die familiäre Verantwortungs- und Lebensgemeinschaft, in der unterschiedliche Begabungen und Verantwortungen einander ergänzen, helfen und ausgleichen. Im Idealfall geben schwach und stark, mündig und unmündig, erfahren und unerfahren im Oikos als einem Solidarverbund ein fruchtbares, funktionierendes Ganzes ab.

Die meisten Gesellschaftsformen der letzten Jahrtausende respektierten den Oikos als selbständige Einheit, in der — im Vergleich zu unseren Tagen — außerordentlich viele Kompetenzen gebündelt waren. In vormodernen Gesellschaften, auch in den Gesellschaftsbildern, die wir in der Bibel finden, war der Großteil der Verantwortung nicht beim Staat, sondern in der Familie konzentriert.

Heute liegt die Verantwortung jedoch bei der Einzelperson, die einzig vom Staat eingegrenzt wird:

Die Verantwortung, die früher im Familienverband konzentriert war, wird auf die Einzelperson verlagert, der im Gegenzug ein hohes Maß individueller Freiheit zugestanden wird, deren Grenzen nun nicht mehr die patriarchale, sondern die staatliche Ordnung setzt.

In diesem Wettbewerb tendiert der Staat dazu, die Verantwortung der Familien zu beschneiden:

Demokratien erliegen im Wettbewerb um die Loyalität des Einzelnen, der zwischen Polis und Oikos — wenn auch zumeist unbewußt — immer ausgetragen wird, leicht der Versuchung, die Familie zu schwächen und ihre Verantwortung zu beschneiden, um die staatliche Einflußsphäre auszudehnen.

Der Staat übernimmt so Ersatzfunktionen:

Von der Wiege bis zur Bahre bietet er sich als Ersatzvater an, der alles regelt: Die Betreuung der Jüngsten, die Ausbildung der Heranwachsenden, die Pflege der Kranken, die Ernährung der Armen, die Versorgung der Alten — überall ist der Staat zur Stelle und überdehnt sich damit doch hoffnungslos selbst — bis hin zu seinem wirtschaftlichen Zusammenbruch.

Auf dem Hintergrund der Vier-Mandate-Lehre (Luther, Bonhoeffer) hat sich folgendes abgespielt: Wirtschaft und Staat greifen beide in den Raum der Familie ein.