In seiner Vorlesung “Die Idee einer Philosophie der Offenbarung” zeigt Bavinck anhand seines Themas den Zusammenhang von allgemeiner und spezieller Offenbarung (durch die Schöpfung bzw. durch die Bibel) auf:
Die besondere Offenbarung ist nicht lediglich auf die allgemeine Offenbarung gegründet, sondern nahm auch manche Elemente aus ihr in sich auf.
Darum ist auch die Heilsgeschichte der Bibel mit der Geschichte der Welt verwoben:
Jedes Wort Gottes ist in besonderer Offenbarung verkündigt und auf historischem Wege zu unserer Erkenntnis gebracht.
Die besondere Offenbarung ist Ausgangspunkt der Theologie:
Der Glaube an diese besondere Offenbarung ist der Ausgangspunkt und die Grundlage der christlichen Theologie. Wie die Wissenschaft niemals dem Leben vorauseilt, sondern ihm immer nachfolgt und aus ihm hervorgeht, so ist auch die Wissenschaft der Erkenntnis Gottes auf die Realität seiner Offenbarung gegründet. Wenn Gott nicht besteht oder wenn er sich nicht offenbart hat und daher nicht erkennbar ist, dann ist alle Religion ein Wahn und alle Theologie ein Hirngespinst.
Von dem Standpunkt der besonderen Offenbarung sucht sie die Verbindung zu den Werken der Schöpfung.
… sucht diese Philosophie der Offenbarung die Weisheit, die sie in der Offenbarung findet, mit der Weisheit, die ihr aus der Welt zuströmt, in Verbindung zu setzen.
Wer Gott als seinen Vater erkannt hat, wird ihn auch als Schöpfer bestätigt finden:
Die ganze Welt selbst ruht in der Offenbarung; Offenbarung ist die Voraussetzung, die Grundlage, das Geheimnis der ganzen Schöpfung und aller ihrer Bildungen. Je tiefer die Wissenschaft gräbt, desto klarer bestätigt sie die Offenbarung als das Fundament, auf dem die ganze Schöpfung gegründet ist. In jedem Moment der Zeit schlägt der Pulsschlag der Ewigkeit. Das kleinste Atom im Raum ist von Gottes Allgegenwart erfüllt; das Endliche wird getragen von dem Unendlichen, und alles Werden wurzelt in dem Sein.
So beginnt ein wechselseitiger Prozess des Erkennens:
Die allgemeine Offenbarung führt zur besonderen hin, diese weist auf jene zurück. Die eine bedarf der anderen und ist ohne sie unvollkommen und unverständlich. Vereint verkünden sie die unermeßliche Weisheit, die Gott in Schöpfung und Erlösung entfaltet hat.
Herman Bavinck, Philosophie der Offenbarung (17-21)