Abschied von Joseph Ratzinger – Rückblick auf inhaltliche Akzente

Das Magazin für politische Kultur „Cicero“ blendet hier angesichts des Abschieds von Papst Benedikt auf dessen Amtszeit, insbesondere auf inhaltlich gesetzte Akzente, zurück.

Unser Verstand ist verdunkelt, er braucht das Licht des Glaubens.

In der Seele lauern indes auch Versuchungen. Es gibt keine makellose Zone, nicht im Verstand und nicht im Herzen. Gäbe es sie, dann bräuchten wir nur an das Gute zu appellieren, und alles käme ins Lot. Dann, sprach Benedikt im Februar 2009, „könnten wir gut vorankommen und die Menschheit reformieren. Aber dem ist nicht so: Der Verstand – auch unser Verstand – ist verdunkelt, das sehen wir jeden Tag. (…) Ohne das Licht des Glaubens, das in die Finsternis der Erbsünde eindringt, kann die Vernunft nicht vorankommen.“

Alles Sichtbare kann in die Irre führen.

Alles Sichtbare, wusste dieser Papst des Wortes, kann in die Irre führen, alles Geld, aller Erfolg, alle Technik, aller Applaus. „Von innen her“ war seine liebste Begriffsformel, „ohne Heilung der Seelen, ohne Heilung des Menschen von innen her kann es kein Heil für die Menschheit geben“. Ja, Benedikt war ein Mystiker auf dem Papstthron – Mystiker indes aus Einsicht, nicht aus Verzückung. Alles Charismatische blieb ihm suspekt. Der stete Blick nach innen aber war ihm Garant, dass der Mensch seine königliche Würde nicht verliert.

Wenn der Mensch verkommt, verkommt die Umwelt.

„Wenn der Mensch verkommt, verkommt die Umwelt, in der er lebt.“ Oft kritisierte Benedikt den „missbräuchlichen Umgang mit den Gütern der Natur“. Dahinter sah er den Siegeszug der utilitaristischen Logik: Alles muss größtmöglichen Nutzen erbringen. Demgegenüber soll eine ganzheitliche Umweltpolitik den Menschen als Teil der Umwelt mit einbegreifen. Neben globaler Solidarität, Armutsbekämpfung, Drosselung der Rüstungsausgaben, Konsumverzicht und einem schonenden Umgang mit allen Ressourcen, auch mit der Ressource Mensch, hat der klassische Umweltschutz an Dringlichkeit nicht eingebüßt.

Der Christ verweigert sich den Moden der Zeit und kniet nur vor Gott.

Für Joseph Ratzinger war der Christ grundsätzlich Nonkonformist. Er verweigert sich den Moden der Zeit, kniet nur vor Gott. Deshalb konnte sich auch Benedikts Abgang nur auf maximal unkonventionelle Weise vollziehen – die Tradition musste hintanstehen, weil das Gewissen ihm diesen Schritt auferlegte.

Eine Demokratie, die auf nur auf dem Konsens beruht, ist gefährlich.

„Wenn die den demokratischen Abläufen zugrunde liegenden moralischen Prinzipien ihrerseits auf nichts Soliderem als dem gesellschaftlichen Konsens beruhen, dann wird die Schwäche dieser Abläufe allzu offensichtlich; darin liegt die wahre Herausforderung der Demokratie.“ Der Konsens kann eben heute diese, morgen jene Gestalt annehmen, ohne sich die Wahrheitsfrage und die Frage nach dem Guten je zu stellen.

Plädoyer für die Schutzverantwortung der internationalen Staatengemeinschaft

Mit dem Plädoyer für die sogenannte Schutzverantwortung setzte er einen weltweit beachteten Akzent vor den Vereinten Nationen. Die Botschaft der Rede am 18. April 2008 lautete: Wo die Menschenrechte dauerhaft missachtet werden, darf, ja muss die Staatengemeinschaft intervenieren.

Entweltlicht euch, um weltoffen zu werden.

Noch heute klingt den hiesigen Katholiken die Standpauke in den Ohren, die Benedikt ihnen 2011 in Freiburg erteilte: Entweltlicht euch, um weltoffen zu werden! Haltet die Kirche nicht für einen Sozialverein mit angeschlossener Immobilienverwaltung!