Ich kenne genügend Eltern, welche die Aufsicht über die Zimmer des Nachwuchses seufzend aufgegeben haben. Nur ab und zu dringen sie in die kleinen Königreiche ein, um zu staubsaugen (oft um die herumliegenden Gegenstände herum), Wäsche einzusammeln oder den Kontakt zum Kind aufzunehmen. Klar, meine Kinder sind noch vergleichsweise jung. Doch bereits in jungem Alter beginnen sich Gewohnheiten zwischen Eltern und Kindern zu etablieren. Jede Handlung stabilisiert bzw. bestätigt den “Dienstleistungslevel”. Die Eltern be-dienen die Kinder. Damit man mich nicht falsch versteht: Eltern sind die leitenden Diener der Kinder. Wenn sie jedoch beginnen, die Kinder zu bedienen, findet eine Rollenumkehr statt. Sie erschwert die Loslösung und das Selbständigwerden.
Wir haben es zur Gewohnheit gemacht, dass vor dem Zvieri oder dem Abendessen ein Rundgang durch das Kinderzimmer gemacht wird. Auch die jüngeren kennen ihre Aufgabe. Es gilt: Der nächste Programmpunkt fängt dann an, wenn die Aufgabe erledigt ist. Bei den älteren setzt sich diese Regelung in etwas veränderter Form fort: Wäsche und Bettwäsche muss selber abgeliefert werden. Jeden Abend bringen sie ihren Arbeitsplatz in einen Zustand, in dem sie am nächsten Tag weiterarbeiten können. In grösseren Zeitabständen, in der Regel wöchentlich, wird der Rest des Zimmers geordnet. Dass unsere Platzverhältnisse es nicht erlauben, jedem Kind ein Zimmer zu geben, wirkt sich positiv aus. Wir sind nahe zusammen und können uns Ego-Touren gar nicht leisten.
Oft juckt es uns in den Fingern, die Arbeiten der Kinder selber zu erledigen. Das konsequente Handeln und Einfordern kostet mehr Kraft, als es selber in die Hand zu nehmen. Ab und zu stelle ich ernüchtert die Frage: Warum erledigt es sich nicht von selbst? Ein Blick auf meine eigenen Gewohnheiten hilft mir, auf dem Boden zu bleiben. Die Reibungsflächen werden bleiben und noch zunehmen.