Michael Treina im Interview mit Matthias Morgenthaler. Bei ihm ging alles blitzschnell: Matura, Grundstudium Medizin, dann Geografie, dann Wirtschaft.
Auch da waren Sie im Schnellzug unterwegs.
Ja, ich eignete mir im Selbststudium das erforderliche Wirtschaftswissen an und durfte als Quereinsteiger ein Forschungsprojekt mit über zehn Leuten an den Universitäten Bern, Neuenburg und Freiburg und über einer halben Million Franken Forschungsetat leiten. Für mich war es ein unbezahlbares Karrieresprungbrett. Täglich traf ich mich mit Bankdirektoren, Politikern, Unternehmern, Beratern, um über Vor- und Nachteile der Clusterbildung in der regionalen Wirtschaftsentwicklung zu diskutieren. Ich zog nach drei Jahren Forschungsarbeit ein kritisches Fazit: Der Espace Mittelland hat als Wirtschaftsraum nicht den notwendigen Zusammenhalt und funktioniert höchstens, wenn Bern als sachte Moderatorin auftritt. Leider verhielten sich die Berner dann eher so, als wären die umliegenden Kantone Bittsteller. Das Projekt Espace Mittelland erlitt bei der Umsetzung bedauerlicherweise tatsächlich Schiffbruch.
Sie waren danach dennoch ein gefragter Mann?
Ja, ich erhielt viele Stellenangebote von namhaften Unternehmen und wechselte schliesslich an den Paradeplatz in Zürich zu Ernst & Young in die Unternehmensberatung. Die ersten Tage in Zürich war ich in meinem jugendlichen Übermut wie betrunken vom Glanz und Tempo, so viel Macht und Status waren da auf engstem Raum versammelt. Der Parkplatz des Direktors kostete mehr als meine Studentenbude in Bern. Ich gewöhnte mich aber rasch an die neuen Verhältnisse und legte mich fortan bis zu 16 Stunden pro Tag ins Zeug. Nach einem halben Jahr war ich unterschriftsberechtigt, nach anderthalb Jahren Vizedirektor. Ich bereiste als Business Nomade Europa und wunderte mich selber, wie ich es in so kurzer Zeit vom Werkstudenten zum Jetsetter gebracht hatte.
Waren Sie glücklich?
Ich war in hoch spannende Projekte involviert, durfte hinter die Kulissen der mächtigen Wirtschaft blicken, bekam jede Menge Anerkennung, verdiente sehr viel Geld – und war nach zwei Jahren extrem unglücklich, am Rande einer Depression. Das Schlimmste war, dass ich zu dieser Zeit keine Erklärung hatte für meine Niedergeschlagenheit. Es standen doch alle Zeichen auf Erfolg.
Morgenthaler hat bereits mit 800 Aus- und Umsteigern Interviews geführt. Er ist Autor des Buches “Aussteigen – Umsteigen”. Hier geht es zu weiteren Interviews.