Wenn Vater und Sohn zusammen lernen (2): Zur Ruhe kommen

Bevor ich über die nächste Lernerfahrung berichte, versuche ich einige übergeordnete Gedanken in Worte zu kleiden. Als wir vor rund fünf Jahren mit Home Education begannen, war es ein wichtiger Teilschritt zur Umsetzung unserer Familienvision. Wir wollten einen Intensiv-Familien-Stil leben, der nicht so stark durch unsere gestresste, zerhackte, zerstreute Umgebung diktiert wurde. Wo sich Ehepartner und Kinder nicht ständig die Türklinken in die Hand geben; wo nicht jeder seinen eigenen Interessen nacheilt; wo nicht täglich Stunden mit Transfer verbracht werden (es sei denn im Familienverband); wo nicht das neuste Game das Tagesgeschehen beherrscht. War das eine Utopie? Nein. Zumindest in den letzten Jahren schafften wir es, als Familie oft gemeinsam unterwegs zu sein; zusammen ausgedehnte Mahlzeiten einzunehmen; regelmässig Familienandachten zu halten; den Kinder Raum für ihre Projekte zu lassen; gemeinsam zu Fuss die Umgebung zu erkunden; täglich Raum zum Üben von Instrumenten zu haben.

Trotzdem werden wir uns immer wieder bewusst, dass die unsere Umgebung eine starke Sogwirkung auf uns ausübt. Twitter wirft im Sekundentakt die neusten Meldungen aufs Netz; die Begegnung mit Nachbarn, Freunden, Gemeindemitgliedern, Familie macht viel Freude, lässt in uns aber auch den Eindruck entstehen, dass wir kaum zur Ruhe kommen. Die Freizeitaktivitäten neben der Kernzeit des Unterrichts nehmen täglich beträchtlich viel Zeit weg; meine Arbeit reisst mich immer wieder in den Strudel der betrieblichen Hektik. Klar, wir leben in einer gefallenen Schöpfung. Wir freuen uns auf die ewige Ruhe. Doch gerade im Hinblick auf diese Aussicht bewegt mich die Frage: Wie finden wir hier und jetzt Ruhe? Wie gelingt es uns, immer wieder aus den Programmen auszusteigen, unsere Erwartungen zu enttäuschen, eine sinnvolle Auswahl bezüglich Ereignissen zu treffen, die wir an uns vorüberziehen lassen?

Diese Überlegungen wirken sich auf die gemeinsamen Lernzeiten aus. Ich möchte sie nicht vollstopfen, sondern Raum zum Gespräch und zur Beobachtung lassen. Inhaltliche Ziele in Ehren, doch manchmal müssen auch diese zurückgesteckt werden.