Francis A. Schaeffer. Das Kennzeichen des Christen. Enthalten als Anhang in: Francis A. Schaeffer. Die grosse Anpassung. CLV: Bielefeld, 2008 (3. Auflage). S. 179-210.
Original: The Mark of the Christian. In: The Complete Works of Francis A. Schaeffer. Vol. 4: A Christian View of the Church. Crossway: Westchester, 1982. S. 183-205.
Unsere scharfen Zungen, der Mangel an Liebe unter uns, verwirren die Welt zu Recht – weit eher als die notwendigen Hinweise auf Unterschiede, die es zwischen echten Christen geben mag.
Dieser kurze Aufsatz beschreibt das singuläre Kennzeichen des Christen nach Johannes 13,33-35. Es ist „das Merkmal, mit dem Jesus den Christen auszeichnet, … zu allen Zeiten und an allen Orten, bis Jesus wiederkommt“ (181): Die Liebe untereinander. Die Formulierung von Jesus macht zweierlei deutlich:
- Da es ein Gebot ist, kann es gebrochen werden.
- Es ist möglich, Christ zu sein ohne dieses Merkmal zu tragen.
„Wenn Jesus uns schon so eindringlich gebietet, alle Menschen als unsere Nächsten zu lieben, wie wichtig ist es dann erst, unsere Mitchristen besonders zu lieben.“ (183) Diesen Auftrag einzuhalten ist jedoch sehr störungsanfällig.
Schaeffer legt Johannes 13 näher aus:
- Wir sollen alle wahren Christen besonders lieben.
- Die Qualität der Liebe, die unsere Norm sein soll, ist die Liebe Christi. „Inmitten der Welt, inmitten unserer sterbenden Kultur verleiht Jesus der Welt ein Recht. Kraft seiner Vollmacht erteilt er der Welt das Recht, aufgrund unserer sichtbaren Liebe zu allen Christen zu beurteilen, ob wir Sie und ich, wiedergeborene Christen sind.“ (186)
- Der Mangel an Liebe beweist jedoch nicht, dass jemand kein Christ ist. Die Welt hat jedoch das Recht, das Christsein abzustreiten.
- Schaeffer zieht Johannes 17,21 hinzu und geht noch einen Schritt weiter: Die Welt wird „nicht glauben, dass der Vater den Sohn gesandt hat, …. wenn sie in der Realität nichts von der Einheit der wahren Christen sieht.“ (189)
- Wir sollten uns einer intellektuellen Auseinandersetzung mit anderen Menschen stellen. Wir sollen „erlernen, die Fragen der Menschen um uns herum zu beantworten.“ (191) Die höchste Überzeugungskraft bleibt jedoch die wahre Liebe, die wahre Christen anderen wahren Christen entgegen bringen.
Es gilt jedoch mit falschen Vorstellungen von Einheit aufzuräumen. Einmütigkeit ist nicht nur organisatorische Einheit (192). Ebenso wenig ist es legitim, von der „mystischen Gemeinschaft der unsichtbaren Kirche“ zu sprechen (193). Die Welt kann nur aufgrund eines Sachverhaltes beurteilen, „der ihrer Beobachtung zugänglich“ ist (194).
Wie zeigt sich aber sichtbare Liebe? Zuerst bedeutet es, nach einem Fehltritt zum Bruder hinzugehen und zu sagen: „Es tut mir leid“. (195) Dies geschieht jedoch so selten, dass Bitterkeit entsteht. Diese hinterlässt Narben, einen „Fluch für Generationen“ (197). Reue genügt jedoch nicht. Der nächste Schritt besteht darin dem anderen zu vergeben – und zwar ohne vom anderen den ersten Schritt zu erwarten.
Wenn Zurechtweisung nötig ist, wie soll sie geschehen? Zunächst soll diese Konfrontation „nie ohne Bedauern und ohne Tränen“ geschehen (200). Die Liebe soll uns umso deutlicher vor Augen stehen, „je tiefer die Meinungsverschiedenheiten unter den wahren Christen sind“ (201). Zudem sollen wir einen greifbaren Liebesbeweis erbringen, auch wenn dieser uns etwas kostet. Das kann so weit gehen, uns lieber übervorteilen zu lassen (1. Korinther 6,7). Nicht zuletzt sollen wir so vorgehen, dass die Lösung im Vordergrund steht. Es geht nicht darum, die Oberhand zu behalten. Dadurch können wir bei Meinungsverschiedenheiten besser zeigen, was Jesus mit der Liebe untereinander gemeint hat.