Wenn wir das Evangelium mit Zuversicht teilen und mit Autorität predigen wollen, dann müssen wir gewiss sein, dass die Botschaft wahr ist, ganz wahr. Alles, was wir der Welt anzubieten haben, ist Wahrheit und Gnade. Wenn du meinst, du könntest die Wahrheit zugunsten der Gnade schmälern, wirst du die Menschen blind für beide machen!
Wir trauen Politikern nicht, Rechtsanwälten, Lobbyisten, manchmal auch uns selbst nicht – doch der Bibel können wir vertrauen. Allem, was darin geschrieben ist. Jedem Vers ohne Ausnahme. Sehen wir, wie Jesus bezüglich der Autorität der Bibel stand.
Johannes 10,31-35
Die Schriftgelehrten waren aufgebracht darüber, dass Jesus sich als Gottes Sohn deklarierte. Jesus zitiert aus dem Gesetz (Psalm 82,6) einen schwer verständlichen Vers. Doch ausserhalb jeder Debatte steht, dass die Schrift auf irgendeine Weise in Zweifel gezogen bzw. gebrochen werden kann (Johannes 10,35)! Das Wort, das dafür gebraucht wird, bedeutet „aufheben, für nichtig erklären, loslösen“ (siehe auch Mt 5,19). Jesus zitiert mit der Überzeugung, dass ein solcher Schriftbezug ausreicht, um den Disput zu beenden. Er geht davon aus, dass die Schrift eine allgemeine, verständliche Bedeutung hat. Sechsmal fragte er seine Diskussionspartner: „Habt ihr nicht die Schrift gelesen…?“
Wir hören heute Parabeln wie die vom Elefanten, den sechs Blinde an unterschiedlichen Stellen betasteten, einer am Rüssel, der andere an den Beinen, der dritte am Schwanz. Die gesamte Analogie weist jedoch zwei grosse Schwachstellen auf: Erstens ist sie aus einer übergeordneten Perspektive geschrieben. Der Verfasser ist sich bewusst, dass es sich um einen Elefanten handelt. Die zweite wiegt noch viel schwerer: Die ganze Geschichte fällt in sich zusammen, wenn der Elefant sprechen kann!
Ich gehöre einer Mainline-Denomination an (RCA; Reformed Churches of America), die seit 40 Jahren über das Thema der Homosexualität im Dialog steht. Wir haben uns darin festgefahren. Wir warten auf einen Konsens innerhalb der Kirche. Dabei würde es uns helfen, unseren Horizont zu weiten: Nehmt die weltweite Kirche – und nicht die kleine Minderheit der westlichen Kirche – und blickt auf die letzten 2000 Jahre zurück. Dann habt ihr, was ihr sucht, nämlich einen klaren Konsens! Dann hängen wir nicht mehr – im Bild gesprochen – an der letzten Leitersprosse. Die Demokratie, welche nie konsultiert wird, ist die Demokratie der bereits Gestorbenen.
Matthäus 5,17-19
Jesus bringt hier das Gesetz und die Propheten zusammen. Er meint nicht das gepredigte Wort, das beim Hörer zum Wort Gottes wird, wie es die Neoorthodoxen behaupten. Jesus spricht vom geschriebenen Wort Gottes, ja vom kleinstmöglichen Schriftzug, dem Jota. Jesus würde nie ein Strichlein im Text in Frage stellen, verleugnen, loslösen, für ungültig erklären. Ja, er würde zuversichtlich die falschen Auslegungstraditionen der Schriftgelehrten in Frage stellen. In Matthäus 23,23+24 korrigiert Jesus die Schriftgelehrten, indem er die wichtigen Dinge des Gesetzes nennt, nämlich Gerechtigkeit, Güte und Treue. Doch was ist mit den anderen Dingen? Jesus weiter fährt: Tut das eine, ohne das andere zu lassen! Wirklich, die Minze verzehnten? Ja, Jesus verlangte Gehorsam gegenüber dem Geist und dem Buchstaben des Gesetzes.
Matthäus 12,38-42
Jesus behandelte die alttestamentliche Geschichte als eine Erzählung von Fakten. Er referenziert auf Abel, Noah, Sodom und Gomorra, Isaak und Jakob, das Manna in der Wüste, die Schlange in der Wüste, Moses, Salomo und die Königin von Saba, Elisa und die Witwe von Zarepta. Er stellt kein einziges Ereignis oder Wunder in Frage. Wir könnten fragen: Wie können wir wirklich wissen, dass Jona sich im Bauch eines Fisches aufgehalten hat? Jede Kultur hat doch ihre eigenen Geschichten. Wenn Jesus vom Gericht spricht, meinte er etwa nicht reale Leute aus Ninive? Sollen erfundene Gestalten die realen Zuhörer verdammen?
Wenn uns Menschen sagen, dass wir, wenn wir halt nicht anders könnten, an die 19. Jahrhundert-Idee der Princeton-Schule glauben sollten, dann können wir antworten: Wir verlieren nicht nur Warfield, sondern Jesus, wenn wir es nicht tun. Könnte es nicht sein, dass Jesus die jüdische Geschichte besser kannte als deutsche Theologen aus dem 19. Jahrhundert? Für mich ist die Bemerkung, dass bei Gott alle Dinge möglich sind, weit glaubwürdiger als die Frage, wie denn Maria als Jungfrau ein Kind empfangen konnte. Wenn du 15 Jahre alt bist oder im ersten Jahr eines theologischen Seminars, dann gilt es geduldig deinen Fragen nachzugehen. Doch wenn du ein Prediger des Wortes bist, dann nimm die Tatsache, dass Maria eine Jungfrau ist, für gegeben an! Die wichtigsten Fundamente des Christentums beanspruchen historische Glaubwürdigkeit. Wie sollst du daran glauben, dass bei Gott alle Dinge möglich sind, wenn durch seine Kraft keine Jungfrau empfangen kann?
Matthäus 19,3-12
In 1. Mose 2,24 wird nicht gesagt, wer diese Aussage gemacht hat. Doch Jesus präzisiert in der Antwort an die Pharisäer: Der Schöpfergott stellte diese Grundsatzaussage zur Ehe auf. Wie könnte Jesus dies ohne Wissen gesagt haben, dass ein Zitat vom Anfang der Bibel wirklich die Aussage des Schöpfers selber war? Jesus und auch die Apostel benutzten Gott und die Schrift austauschbar. Gott ist der Autor der Schrift, und die Schrift ist das Wort Gottes. Jesus trat der Versuchung des Teufels dreimal mit der Aussage entgegen: „Es steht geschrieben.“
Und – so wird eingewendet – was ist mit dem Wort, das Fleisch wurde? Es ist wie D. A. Carson sagte: „Verdammt seien alle falschen Dichotomien.“ Wir sollen niemals das Fleisch gewordene Wort vom Wort der Bibel trennen. Das Wort Gottes besitzt dieselbe Autorität wie der Sohn Gottes. Rebellion gegen die Schrift ist Rebellion gegen Gott. Es gibt keinen Mittelweg, der einige Dinge als sehr wichtig und vertrauenswürdig ansieht und andere nicht. Wenn wir Christus ehren wollen getrennt von der Schrift stellen wir uns über Christus und die Schrift. Der Christus der Schrift beurteilt nicht die Schrift, sondern er gehorcht ihr. Ein anderer Christus ist der Christus unserer eigenen Einbildung. Das ist eine Verletzung des zweiten Gebots.
So manche Kirchen stolpern, weil ihre Pastoren das vorbehaltlose Vertrauen in die Schrift verloren haben. Was predigte Paulus dem Landpfleger Felix? Dass, wenn er nur Jesus nachfolgen würde, ein grossartiger Prokurator sein konnte? Nein, er predigte über Gerechtigkeit, Enthaltsamkeit und das kommende Gericht (Apostelgeschichte 24). Felix wurde alarmiert durch diese Botschaft. Alarmiert deine Botschaft noch? Wenn du nicht vom kommenden Gericht redest, klebt Blut an deinen Händen. Ich möchte nie vor Gott stehen und die Anklage hören müssen: „Ich habe nie vom Prediger gehört, dass ich einen Erlöser brauche. Ich wusste nicht, dass es eine Hölle gibt.“ Die Volksmenge murmelte nicht, weil Jesus so viele Abschlüsse vorzuweisen und eine Menge Bücher gelesen hatte, sondern weil er wie einer sprach, der Autorität hatte (Mt 7,29). Ihr Pastoren, glaubt ihr wirklich, dass das Wort Gottes ausreicht, das Werk Gottes zu tun? Seid ihr euch bewusst, dass ihr nichts anderes in eurem Arsenal habt als Gottes Wort und Gebet? Fühlst du dich Mal für Mal unzulänglich, schwach, nicht genügend vorbereitet auf all die Fragen und Nöte deiner Zuhörer? Das Wort reicht aus! Es hat Kraft!
Wagen wir, zu sagen was Gottes Wort sagt? Und wagen wir, es so zu sagen, wie wenn Gott es gesagt hat? Dies ist die zweifache Herausforderung an die heutige Praxis der Evangelisation und Predigt. Christus hielt die Schrift in höchster Achtung. Er kannte die Schrift genau und liebte sie tief. Er sprach oft mit ihren Worten, spielte pausenlos auf sie an. In Momenten der grössten Schwäche und Anfechtung zitierte er sie. Er erfüllte die Schrift, seine Lehre hielt die Schrift stets hoch. Er war nie im Widerspruch zu einer einzigen ihrer Aussagen. Er hielt gleichzeitig an den menschlichen Autoren wie an der göttlichen Verfasserschaft fest. Das Wort war für ihn klar, ausreichend, wahr und endgültig.