Und dann, so könnte man sagen, geschah eigentlich nichts mehr. Tolkien kam wieder nach Oxford, war dort zwanzig Jahre lang Rawlinson- und Bosworth-Professor für Angelsächsisch, wurde dann zum Merton-Professor für Sprache und Literatur gewählt, liess sich in irgendeinem Oxforder Vorort nieder, wo er die ersten Jahre nach seiner Pensionierung lebte, zog dann in eine Seebad, über das auch nichts zu sagen ist, kehrte nach dem Tod seiner Frau nach Oxford zurück und starb dort im Alter von 81 Jahren eines friedlichen Todes. Es war ein normales, belangloses Leben, gleich dem zahlloser anderer Gelehrter, gewiss mit akademischen Ehren, doch nur in einem sehr engen Fachgebet, das für den Laien eigentlich kaum von Interesse ist. Und das wäre alles – wäre nicht die seltsame Tatsache, dass er in diesen Jahren, als ‘nichts geschah’, zwei Bücher geschrieben hat, die in aller Welt Bestseller wurden, Bücher, welche die Phantasie und das Denken mehrerer Millionen Leser beschäftigten. Es ist ein seltsames Paradox, dass der Hobbit und der Herr der Ringe das Werk eines unbekannten Oxford-Professors sind, dessen Spezialgebiet der Dialekt der westlichen Midlands im Mittelenglischen war, der ein gutbürgerliches Leben führte, seine Kinder aufzog und seinen Garten pflegte.
Humphrey Carpenter. J. R. R. Tolkien. Eine Biographie. Klett-Cotta: Stuttgart, 2002 (3. Auflage). (133)