Ich bin persönlich ein Sympathisant des Minimalismus. Minimalismus ist ein Lebensstil, der ein einfacheres Leben propagiert und der in den letzten Jahren immer beliebter geworden ist. Anhänger dieser Überzeugung versuchen nur das zu besitzen, was sie wirklich brauchen. Es soll Minimalisten geben, die nicht mehr als 100 Gegenstände besitzen (inklusive all ihrer Kleidungsstücke).
Wir finden diesen Trend auch in anderen Bereichen. Die Architektur wird immer einfacher und ist durch gerade Linien gekennzeichnet. Design und vor allem Grafik-Design scheint sich auf einfache Elemente zu besinnen. Weiß wird wieder populärer. Webseiten werden vereinfacht. Man setzt auf weniger Inhalt und mehr freie Fläche. Ich lebe in Berlin. Als echter Hipster geht man in ein unabhängiges Cafe, in dem man nur vier verschieden Kaffees bestellen kann. Die Liste könnte man weiter führen.
Leider wird Minimalismus für viele zu einer Ersatzreligion. Sie sehen in der Einfachheit einen Weg sich selbst zu finden. Man entleert das Leben von allem Überflüssigen. Das neue Motto lautet „Qualität statt Quantität“, vor allem in Beziehungen. Man hat jetzt mehr „meaningful relationships“. Man findet sich selbst. Doch das soll nicht das Thema sein.
Vor ca. einem Jahr hat Hanniel folgenden Satz gepostet: „Ich bin der “informellen Liturgie” überdrüssig geworden.“ Er hat sich vor allem mit dem Problem beschäftigt, dass die sogenannten “spontanen Gottesdienste” das Wort Gottes aus dem Zentrum verdrängen. Damit hat er mir aus dem Herzen gesprochen.
Letztes Jahr um die selbe Zeit sprach ich mit einem presbyterianischen Pastor in Nordengland über das selbe Thema. Wir habe viele Dinge besprochen, doch ein Satz blieb mir hängen: „We as Evangelicals lost the beauty of simplicity in worship.“ (Wir Evangelikale haben die Schönheit der Einfachheit im Gottesdienst verloren.)
Der christliche Gottesdienst war seit Beginn der neutestamentlichen Kirche einfach. Die ersten Bekehrten trafen sich, um auf die Predigt der Apostel zu hören, Gemeinschaft zu haben, zu beten und die Sakramente zu empfangen (Apg 2,42). Paulus ermahnt seinen Schüler Timotheus in zwei Briefen am Gebet, dem Vorlesen der Schrift und der Predigt festzuhalten. Zudem wissen wir, dass die Kirche unter den Apostel Psalmen und Lieder gesungen hat (Kol 3,16).
Der Gottesdienst hatte also vier bis fünf einfache Elemente: Gebet, öffentliches Lesen des Wortes Gottes, Predigt, Lobgesang und die Sakramente. Hinzu kommt, dass dieser Gottesdienst ordentlich ablief. Es gab eine feste Struktur. Wir wissen nicht, ob es jede Woche dieselbe Liturgie gab, aber im 1.Korintherbrief wird die Gemeinde Christi aufgefordert alles ordentlich, strukturiert zu tun. Dadurch wird die Gemeinde aufgebaut (1Kor 14,26) und es spiegelt den Charakter Gottes wieder (1Kor 14,33).
In dieser Einfachheit liegt die Schönheit des christlichen Gottesdienst. Zum einen erhalten wir so die Möglichkeit uns auf das wesentliche zu konzentrieren, nämlich die Anbetung Gottes und das Belehrt-werden von Gott. Alles im Gottesdienst ist darauf ausgerichtet und nichts sollte uns ablenken. Zum anderen zeigt uns diese Einfachheit ein Stück von Gottes Charakter und somit auch seiner Schönheit. Nur wenn Gott selbst im Gottesdienst den zentralen Platz einnimmt, kann ein Gottesdienst von Schönheit geprägt sein.
Johannes Müller ist 26 Jahre alt und lebt in Berlin. Er arbeitet in der Presbyterianischen Gemeindeordnung in Berlin (www.epkd.de) unter der Ältestenschaft der Sheffield Presbyterian Church. Er wird im Sommer ordiniert und wird die Arbeit dann als Pastor der Gemeinde weiterführen.