Predigt: Die Dornen der Begierden

Markus 4,1-20 Das Gleichnis vom vierfachen Ackerfeld

Beat Tanner, Paar- und Familientherapeut; Predigtnotizen vom 6.7.2015

Die Hauptbotschaft herausarbeiten

Jesus benützte Gleichnisse, um eine Wahrheit des Reiches Gottes zu verdeutlichen. Dazu benützte er häufig Bilder aus der Landwirtschaft. In der Geschichte der Bibelauslegung sind diese Gleichnisse oftmals zerpflückt worden: Jeder Aspekt eines Gleichnisses wurde symbolisch gedeutet. Es ist jedoch wichtig, den Vergleichspunkt bzw. die Hauptbotschaft eines Gleichnisses herauszuarbeiten.

Gottes Wort trifft auf verschiedene Herzenszustände

Im Gleichnis vom vierfachen Ackerfeld wird uns ein Bauer beim Säen vorgestellt. Der Same fällt auf vier unterschiedliche Böden. Jesus legt dieses Gleichnis im Nachgang seinen Jüngern aus. Es geht um das Wort Gottes, das auf verschiedene Herzenszustände trifft. Es geht also um zwei Dinge: Einerseits um den Inhalt von Gottes Wort; andererseits um die verschiedenen Herzenszustände. Wir müssen beides kennenlernen: Gottes Wort und den Zustand unseres Herzens. Dazu müssen wir uns mit den Hindernissen auseinandersetzen, welche die Aufnahme und/oder das Wachstum von Gottes Wort in unserem Leben verhindern.

Die Dornen: Wenn etwas wächst, das dann erstickt

Wir schauen uns einen Herzenszustand näher an. Die einen Samen fallen unter die Dornen. Sie schlagen zwar aus, aber ersticken, weil die Dornen grösser sind. Jesus legt dieses Bild aus und beschreibt drei Hindernisse: Die Sorgen der Welt, der Betrug des Reichtums und die „übrigen Begierden“. Wer von Sorgen vereinnahmt wird, dessen Gedanken drehen sich nur noch um sich selbst. Wer sich vom Erwerb von Besitz betören lässt, verliert für alles andere den Blick. In beiden Fällen geht es letztlich um „Nabelschau“:  Der Blick geht nach unten; die Sicht nach oben geht verloren.

Ich will es, und ich will es sofort

Wenden wir uns besonders der dritten Kategorie der Dornen, den „Begierden“ zu. Man könnte diesen Begriff durch das Motto „I WANT NOW“ ausdrücken. Ich will das, was mir im Moment am meisten Spass macht. Zum Beispiel: „Ich will meine Ruhe haben und mein Buch lesen.“ „Ich will jetzt ein Eis.“ „Ich will genau das, was mein Bruder bekommen hat.“ „Ich will jetzt am Computer weiterspielen.“  Es sind diese kleinen Dinge, welche sich als übermächtige Dornen erweisen und verhindern, dass Gottes Wort seine Wirkung in uns entfalten kann.  

Vom „Ich muss“ zum „Ich darf“

Eine Schlüsselfrage unserer Gesellschaft lautet: Wie kann ich mich selbst motivieren? Die gängigste Antwort darauf: Indem du alle Störfaktoren eliminierst, die deiner Erfüllung im Weg stehen. Wer seinen „Begierden“ auf diese Weise nachzugeben beginnt, der empfindet die täglichen Pflichten als eine Last. „Ich muss jetzt lernen.“ „Ich will jetzt nicht den Tisch decken.“ „Ich möchte jetzt nicht Instrument üben.“ „Ich will jetzt nicht meiner Frau zuhören.“ „Ich möchte jetzt nicht für die Familie kochen.“ Die kleinen Aufgaben werden zu lästigen Pflichten. Die Freude verschwindet, an ihre Stelle tritt Druck. Wer ständig in diesem Druck steht, brennt mit der Zeit aus.

Empfangenes tausendfach zurückgeben

Wenn Gottes Wort in unserem Leben Gestalt gewinnt, zeigt es seine Wirkung darin, dass wir in einer veränderten Herzenshaltung unseren Pflichten nachkommen. „Ich darf lernen.“ „Ich darf kochen.“ „Ich darf lernen, ein Instrument zu spielen.“ „Ich darf meiner Frau ein aufmerksamer Zuhörer sein.“ Wir beginnen, diese „kleinen Dinge“ mit Freude auszuführen. Stellen wir uns Familien und Gemeinden vor, die in dieser Haltung einander zu dienen beginnen! „Dankbare Menschen sind wie fruchtbare Felder; sie geben Empfangenes tausendfach zurück.“