1978-1986 rangen Theologen aus unterschiedlichen Konfessionen und Regionen zur Frage der Zuverlässigkeit der Heiligen Schrift. Ich zitiere aus der Chicagoer Erklärung von 1978:
Wir fehlen oft, unsere Worte und Taten in Unterordnung unter das göttliche Wort zu bringen
(Vorwort) Wir legen diese Erklärung nicht in polemischer Absicht vor, sondern im Geist der Demut und Liebe, den wir durch Gottes Gnade in allen zukünftigen Gesprächen, die aus unseren hier gemachten Äußerungen entstehen, beibehalten möchten. Wir anerkennen erfreut, dass viele, die die Irrtumslosigkeit der Schrift leugnen, die Konsequenzen dieser Leugnung in ihrem übrigen Glauben und Leben nicht bestätigen, und wir sind uns bewusst, dass wir, die wir uns zu dieser Lehre bekennen, sie in unserem Leben oft leugnen, indem wir es versäumen, unsere Gedanken und Taten, unsere Traditionen und Gewohnheiten in wahre Unterordnung unter das göttliche Wort zu bringen.
Gilt auch für Gottes Handeln in Schöpfung und Weltgeschichte
(Zusammenfassende Erklärung, Punkt 4) Da die Schrift vollständig und wörtlich von Gott gegeben wurde, ist sie in allem, was sie lehrt, ohne Irrtum oder Fehler. Dies gilt nicht weniger für das, was sie über Gottes Handeln in der Schöpfung, über die Geschehnisse der Weltgeschichte und über ihre eigene, von Gott gewirkte literarische Herkunft aussagt, als für ihr Zeugnis von Gottes rettender Gnade im Leben einzelner.
Nicht nur Zeugnis göttlicher Offenbarung
(Artikel III) Wir verwerfen die Auffassung, dass die Bibel lediglich ein Zeugnis solcher Offenbarung sei oder dass sie nur durch die Begegnung mit ihr Offenbarung werde oder dass sie in ihrer Gültigkeit von den Reaktionen des Menschen abhängig sei.
Nicht nur auf religiöse Themen beschränkt
(Artikel XII) Wir verwerfen die Auffassung, dass sich die biblische Unfehlbarkeit und Irrtumslosigkeit auf geistliche, religiöse oder die Erlösung betreffende Themen beschränke und dass Aussagen im Bereich der Geschichte und Naturwissenschaft davon ausgenommen seien. Wir verwerfen ferner die Ansicht,dass wissenschaftliche Hypothesen über die Erdgeschichte mit Recht dazu benutzt werden dürfen, die Lehre der Schrift über Schöpfung und Sintflut umzustoßen.
Nicht durch das Fehlen moderner technischer Präzision in Frage gestellt
(Artikel XIII) Wir verwerfen ferner die Auffassung, dass die Irrtumslosigkeit infrage gestellt werde durch biblische Phänomene wie das Fehlen moderner technischer Präzision, Unregelmäßigkeiten der Grammatik oder der Orthographie, Beschreibung der Natur aus dem Blickwinkel der subjektiven Beobachtung, Berichte über Unwahrheiten, durch den Gebrauch des Stilmittels der Hyperbel oder gerundeter Zahlen, thematischer Anordnung des Stoffes, unterschiedlicher Auswahl des Materials in Parallelberichten oder der Verwendung freier Zitate.
Bekenntnis nicht heilsnotwenig, aber mit weit reichenden Konsequenzen
(Artikel XIX) Wir verwerfen die Auffassung, dass ein solches Bekenntnis zum Heil notwendig sei. Wir verwerfen jedoch darüber hinaus auch die Auffassung, dass die Irrtumslosigkeit ohne schwerwiegende Konsequenzen für den Einzelnen und die Kirche geleugnet werden könne.
Lektürehinweise
- Der vollständige Text der drei Erklärungen ist im Buch Bibeltreue in der Offensive (Auflage von 2002) abgedruckt. Zum Schriftbeweis siehe auch Thomas Schirrmacher. Bibeltreu oder der Bibel treu?
- Zur Lektüre empfehle ich zudem Kevin DeYoung. Taking God At His Word. Crossway: Wheaton, 2014. Die E21-Konferenz 2016 mit Kevin deYoung steht unter dem Thema "Gott beim Wort nehmen".
- Hier habe ich einen Vortrag von deYoung zur Frage, wie Jesus mit dem Alten Testament umging, in deutscher Sprache zusammengefasst. Jochen Klautke erläutert in diesem Vortrag drei Gefahren, Gottes Wort als leeres Wort zu behandeln.