Zitat der Woche: Leistung und Wagnis, die Gefahr des allzu grossen Besitzes

Es ist gerecht, dass der, der mehr leistet, mehr bekommt als der, der weniger leistet; es ist gerecht, dass der, der zu sparen versteht, das, was er sich abspart, auch behalten darf, und nicht dem gleichgestellt wird, der alles verbraucht, was er gewinnt; und es ist gerecht, dass der, der etwas wagt, am Gewinn des Wagnisses mehr Anteil bekommt als der, der den bequemen und sicheren Weg vorzieht, bei dem er nichts riskiert. Es wäre ungerecht, wenn der Tüchtige und Fleissige nicht mehr bekäme als der Untüchtige und Faule, wenn dem Sparer, was er gespart, genommen würde zugunsten dessen, der alles verbraucht, was er bekommt, und wenn dem Wagemutigen der Preis des Wagemutes entzogen würde.

Allszu grosser Beistz einzelner bedeutet immer eine Gefahr für die Volksgemeinschaft. Riesenvermögen sind für die wirtschaftende Volksgemeinschaft ebenso gefährlich wie Grossmachtungeheuer in der politischen Welt. Denn übermässig grosser Besitz bedeutet zugleich Übermacht, Aufhebung der Rechtsgleichheit und Bedrohung der Freiheit der anderen. Der Riesentrust ist ein Staat im Staat, der sich erlauben kann, was keinem einzelnen Bürger erlaubt ist. Der Kampf gegen diese Ungeheuer ist ein GEbot für jede auf Gerechtigkeit gerichtete Wirtschaft.

Emil Brunner. Gerechtigkeit: Eine Lehre von den Grundgesetzen der Gesellschaftsordnung. Zürich, 1943. S. 182, 185. Zitiert in: Frank Jehle, Emil Brunner, TVZ: Zürich, 2006. S. 439.