Kolumne: Es braucht Gemeindeneugründungen!

"Es gibt doch schon so viele Denominationen!" "Es können doch nicht alle Recht haben." "Was ist denn das für ein Zeugnis, wenn die Christen so zersplittert sind?" Solche Argumente werden mir in Sekundenschnelle entgegen geschleudert, wenn ich vom Eindruck spreche, dass es Zeit für Gemeindegründungen sei. Ich glaube nicht an Einheit auf Kosten der Wahrheit. Grundsätzlich gibt es vier Möglichkeiten:

  • Im Gemeindeverband bleiben und für die Wahrheit kämpfen
  • Innerhalb der Gemeinde eine Gruppe gründen ("Kirchlein in der Kirche")
  • Notgemeinschaften gründen, weil der Gemeindeverband vom ursprünglichen Bekenntnis abgerückt ist
  • In Gegenden, wo es noch kaum Gemeinden gibt, neue Gemeinden gründen

Ich denke, dass wir uns in den nächsten Jahren vermehrt mit Neugründung beschäftigen müssen. Ich bin der Meinung, dass kleinere Gruppen von mehreren Familien und Alleinstehenden, im Idealfall zusammengesetzt aus mehreren Generationen, zusammen neue Gemeinden gründen sollten.

Dafür sehe ich fünf Gründe, weshalb bestehende Gemeindeverbände keine gute Ausgangslage bieten:

  1. Das Evangelium wird unvollständig verkündigt. Ausgehend von einem dubiosen "Liebesgeflüster" wird von einem Gott geschwärmt, der einen Menschen bedingungslos annimmt. Die Verkündigung des Gesetzes, also von Sünde, Gericht und Verdammnis, fehlt fast vollständig. Es bleibt unklar, weshalb ein Mensch – abgesehen von der Aufnahme in eine Gemeinschaft – etwas an seinem Leben ändern sollte bzw. weshalb eine grundsätzliche Änderung und Umkehr nötig ist.
  2. Viele Gemeinden stehen im Bann des ethischen Relativismus. Sie gehen nach allen Seiten Kompromisse ein. Das schwächt nicht nur das Zeugnis nach aussen, es lässt die geistliche Basis der Gemeinde dahinschmelzen wie Schnee an der Frühlingssonne. Man beginnt sich auf alle Seiten zu verbiegen.
  3. Im Gefolge der ethischen Aufweichung kommt unweigerlich der Angriff auf die Irrtumslosigkeit der Schrift. Hiermit meine ich nicht in erster Linie die Aufgabe eines mündlichen Bekenntnisses. Man sehe sich jedoch das Liedgut, die Substanz bzw. Hauptaussagen der Predigten, Flyer für Nichtchristen etc. an. Die "heiklen" Elemente des christlichen Glaubens werden übergangen und ausgelassen.
  4. Innerhalb von Gemeindeverbänden gibt es oft eine dermassen grosse Streuung an Lehrmeinungen und vor allem Rednern, Seminaren und Büchern, die konsumiert werden, dass auch ein gemeinsames Bekenntnis von der Realität ausser Kraft gesetzt wird.
  5. Es herrscht Unordnung, weil wir uns nicht mehr gewohnt sind, an ein Bekenntnis zu halten und uns einer Ordnung zu unterstellen.

Ich sehe fünf Gründe für die Gründung von neuen Gemeinden:

  1. Es gibt Raum für Neugründungen. Von 100 Menschen in unseren Ländern sind 96 kirchenfremd bzw. neuheidnisch aufgewachsen.
  2. Gemeinden müssen nicht per se möglichst gross sein.
  3. Die treue Verkündigung durch Predigt, Lehre in den Häusern und in Jugendkreisen ist angesagt. Als Gemeinden gehen wir über Jahre durch die gesamte Bibel. Das Wort Gottes ist genug für das Werk Gottes.
  4. Wir können aus dem reichen Schatz der Kirche schöpfen. Es gibt viele ermutigende Beispiele aus der Kirchengeschichte, ebenso zahlreiche gute Hilfsmittel (seien dies Kommentare, Einführungen, Übersichten, Lieder etc.).
  5. Insbesondere jüngere Männer sollten ermutigt werden, ihrer Verantwortung in Familie, Beruf und Gemeinde nachzukommen, anstatt sich endlos in Freizeitbeschäftigungen zu verlieren.

Ich glaube, dass viele Gemeindeneugründungen ihren Schwerpunkt auf eine methodische Erneuerung legen. Mit dem Slogan "wir bauen Kirche, mit der wir die Menschen ganz neu erreichen" zielt in erster Linie auf die kulturelle Anpassung ab. Mit noch "hipperen" Methoden sollten neue Menschen angezogen werden. Ich glaube, dass auf diese Weise einige Menschen zwar für eine neue Subkultur gewonnen werden konnten ohne jedoch von der Kraft des Evangeliums erneuert zu werden.