Zitat der Woche: Dem Übel nicht widerstehen und widerstehen

Luthers Zwei-Reiche-Lehre war Gegenstand intensiver Debatten. Ein Gedanke geht dabei oft vergessen: Auch wenn das Reich zur Linken und zur Rechten, also das bürgerliche und geistliche Regiment, unterschieden werden müssen, so dürfen sie auf keinen Fall voneinander getrennt werden. Weshalb? Weil der himmlische Herr beide Reiche regiert.

In seiner frühen Schrift “Von weltlicher Obrigkeit und Wieweit man ihr Gehorsam schuldig sei” (1523) antwortet er dem Herzog zu Sachsen unter Punkt 6 auf die Frage: “Nun fragst du, ob dann auch ein Christ das weltliche Schwert führen und die Bösen strafen dürfe, wo doch Christi Worte so hart und klar lauten: ‘Du sollst dem Übel nicht widerstreben’.” Dabei sieht er den Fürsten als Angehöriger des Gottesreiches und dem der Welt:

… für dich selbst bleibst du beim Evangelium und verhältst dich nach Christi Wort, dass du gerne den zweiten Backenstreich erduldest und den Mantel zum Rock hin noch fahren lässest, – sofern es dich und deine eigne Sache betrifft. So geht denn beides fein miteinander zusammen, dass du zugleich dem Reich Gottes und dem Reich der Welt äusserlich und innerlich Genüge leistest, dass du zugleich Übel und Unrecht leidest und doch Übel und Unrecht strafst, zugleich dem Übel nicht widerstehst und doch widerstehst. Denn mit dem einen siehst du auf dich und das Deine, mit dem andern auf den Nächsten und auf das Seine. Wo es dich und das Deine angeht, da verhältst du dich nach dem Evangelium und leidest als ein rechter Christ für deine eigene Person Unrecht; wo es den andern und das Seine angeht, da verhältst du dich nach der Liebe und leidest kein Unrecht für deinen Nächsten…