Vor einer Reihe von Jahren besuchte ich eine grössere Gemeinde im deutschsprachigen Raum und durfte bei einem jungen Ehepaar wohnen. In einem Gespräch fiel beiläufig die Bemerkung, dass die Ehefrau sehr dankbar für die Begleitung ihrer geistlichen Mutter sei. Ich wurde hellhörig. Was meinte sie damit? Sie berichtete davon, dass sie mit ihr regelmässig die Bibel las und betete; dass sie die erfahrene Mutter und Grossmutter Einblick in ihr eigenes Leben gewähren liess; dass sie viel über Rolle und Aufgaben einer Frau in der westlich-säkularisierten Gesellschaft sprachen.
Einige Jahre später, ebenfalls ein unvergesslicher Moment, verfolgte ich einen leidenschaftlichen Einschub von Thabiti Anyabwile während eines Vortrags. Er sprach über eine grosse Not in den Gemeinden: Es fehle so sehr an erfahrenen, Gott hingegebenen Frauen, welche Frauen der nachrückenden Generationen geistlich begleiteten. Er sprach davon, einen erheblichen Teil seines pastoralen Dienstes gerade in die geistliche Zurüstung solcher Frauen zu investieren. Ich war sehr bewegt.
Ich blicke in die Gemeindelandschaft und stelle fest, dass dieser Bedarf dringender als je zuvor ist. In unserer individualisierten Gesellschaft herrscht das Verständnis vor: Jeder für sich! Komm mir ja nicht zu nahe! Da soll uns niemand dreinreden! Natürlich wird aus praktischen Gründen oft die Mutter und/oder Schwiegermutter in die Planung einbezogen. Diese überbrückt Arbeitstage, Urlaube und Paarabende. Es steckt jedoch kein systematischer, geplanter und vor allem geistlich getriebener Ansatz dahinter.
Mit grossem Bedauern stelle ich fest, dass sich der säkular-pragmatistische Ansatz durchgesetzt zu haben scheint. Mann und Frau teilen sich Aufgaben nach dem Vorbild ihrer egalitaristischen Nachbarn. Man kämpft sich Jahr für Jahr über die Runden. plant Urlaub und Hausbau, sucht Krippen, Kindergarten und Schule und lässt es laufen. Das trägt die fade Note "wir auch" statt "wir aus Überzeugung".
Ich behaupte: Da würde viel mehr drin liegen. Man müsste sich doch einmal hinsetzen und überlegen: Wie soll Ehe und Familie aus Gottes Sicht aussehen? Was wollen wir auf lange Sicht erreichen? Wie sollen unsere Kinder aufwachsen? Worauf legen wir besonders Gewicht? Wer kann uns bei der langfristigen geistlichen Ausrichtung der Familie unterstützen? Was für Möglichkeiten gibt es noch bezüglich Wohnort, Kooperation mit anderen Familien, Vernetzung innerhalb der christlichen Gemeinde? Welche älteren Menschen wären bereit, die Frau geistlich zu begleiten?
Herr, schenke neben jungen Männern, die Gottes Wort lesen und leben, reife Mütter in Christus, die jüngere anleiten!