Kolumne: Lebensstil ist Lebensziel

Donald Trump ist seit gestern im Amt. Zeit, etwas näher in unserem eigenen Leben hinzusehen.

Manchmal äussere ich in Seminaren und bei Führungkräften den Gedanken: Wie ich heute lebe, zeigt an, wie ich einst enden werde. Ein meiner Freunde fasst es mit diesem Motto zusammen: Lebensstil ist Lebensziel. Das bedeutet für die zögernde Jugend, die sich nicht entscheiden kann, dass gesunde Entscheide verschleppt werden. In den Lebensphasen, wie sie von Gott für Menschen geplant sind, geraten sie ins "Hintertreffen". So gibt es 40-jährige, die sich so "frei" und verantwortungslos benehmen wie Halbwüchsige; 50-jährige Männer, die sich doch noch durchgerungen haben, mit der neuen Partnerin ein Kind zu haben; 60-jährige, die ihrem Körper sportliche Aktivitäten des 30-jährigen zumuten.

Eine zweite Beobachtung: Menschen, die ihre Beziehung zu den vorangegangenen Generationen nicht reflektiert haben, geraten mit zunehmendem Alter in eine steigende Abhängigkeit. Als 30-jährige waren sie vielleicht noch finanziell abhängig von den Eltern. Mit 40 kehren sie nach Beziehungsbrüchen zurück in den Wohn- und Einflussbereich der Eltern. Richtig spitzt es sich jedoch zu, wenn die Eltern alt werden. Dann drückt der Charakter richtig durch. Was Verstand und Wille über Jahrzehnte zu verbergen imstande waren, bricht hervor. Menschen, die immer Könige ihres Lebens waren, wollen Könige bleiben. Wer seinen Kopf stets durchdrückte, tut es erst recht im Alter. Andere, die es sich gewöhnt waren zu manipulieren durch verletzende Bemerkungen und/oder Tränen, wenden diese Strategie inflationär an. Das dicke Ende des Unverarbeiteten, aber auch die Konfrontation mit dem eigenen Charakter, setzt nach dem Tod von Angehörigen ein und schlägt sich in Erbstreitigkeiten nieder.

Ich gehe davon aus, dass sich diese diese Tendenzen in unserer Gesellschaft verstärken werden. Wie werden die Baby Boomer, die lebenslang bestimmen konnten, was sie essen, wie sie wohnen, Urlaub machen, welches Fahrzeug sie fahren, welche medizinische Behandlung sie geniessen wollen, den Verlust von Kraft und Handlungsspielraum verkraften? Ich rechne damit, dass dies zu viel Leid hinter verschlossenen Türen führen wird. Und wie wird es erst in unserer Generation sein? Mit Menschen, die lebenslang nie verzichten mussten? Die sich immer durch Medien ablenken konnten? Die bei jedem kleinen Unwohlsein ein Medikament einwarfen? Die lebenslang ihre Partner wechselten, wenn das Feuer erloschen war? Menschen, die in Spitälern und Altenheimen arbeiten, erzählen mir erschütternde Geschichten.

Es braucht keine hellseherischen Fähigkeiten um vorwegzunehmen, dass sich zwei Tendenzen verstärken: Die Tyrannei derjenigen, die sich solchen "Eskapaden" auch in zunehmendem Alter leisten können, sowie Lieblosigkeit der nachrückenden Generationen bis zum Punkt, die "Alten" aus dem Weg schaffen zu wollen. Ich führe jedoch ein inneres Kontrastbild mit mir. Ich kenne alte Menschen, die ganz anders sind. Wenn ich aus ihrem Leben höre, dann erschliesst sich mir ein einheitliches Bild: Sie waren nie verwöhnt. Sie arbeiteten hart. Sie gaben grosszügig. Sie dachten viel an andere. Sie haben Schweres durchgestanden. Sie mussten oft jahrzehntelang mit Schmerzen leben.

Das führt mich zu meinem Gebet: "Herr, mache mich weich, auch wenn es mich hart ankommt. Hilf mir, Kritik konstruktiv auszusortieren und nicht zu zögern, Veränderungen einzuleiten. Lass mich heute in einer Klarheit leben, die keine selbstbezogene Scheu vor Konflikten entwickelt."