Interview: Autorität dient im relativistischen Klima der eigenen Agenda

Was für ein kraftvolles Interview hat David F. Wells dem Moderator von 9Marks, Jonathan Leeman, gegeben. Ich habe die Antwort auf die erste Frage übersetzt.

Bezüglich unserer Situation heute ist auffällig, dass es für so viele Menschen nichts da draußen gibt, das legitimerweise irgendeine Handlung oder Glauben bestätigen kann. Es gibt einfach nichts, das irgendetwas als richtig erklärt. Oder anders gesagt, wir bauen uns eine brillante und komplexe Zivilisation auf, die insgesamt auf einem Vakuum beruht. Das bedeutet natürlich nicht, dass es dem Staat jetzt unmöglich ist, Gesetze, Regeln und Vorschriften zu erlassen. Im Gegenteil, wir ertrinken in ihnen! Dieses Vakuum bedeutet jedoch, dass nichts im Leben jemals eine endgültige Autorisierung geben kann.

Dies war nicht immer so. In anderen Zivilisationen und sogar in unserer eigenen Vergangenheit wurde an eine Autorität im Leben geglaubt. Das ist natürlich das Herzstück des christlichen Glaubens. Es ist Gott, der den Glauben und den Gebrauch von Autorität in letzter Instanz bestätigt – oder es eben nicht tut. Er legt die Linie zwischen Gut und Böse. Gut und Böse sind jetzt Abstraktionen in unserer heutigen Welt. Sie sind irrelevant geworden, um unser Leben zu leben.

An einem postmodernen Moment angekommen, befinden wir, dass es nicht länger eine große Erzählung des Lebens gibt. Es gibt nur unsere persönlichen Geschichten. Es gibt keine übergreifende Bedeutung für sie; es existieren nur unsere privaten Momente, wenn etwas Wirklichkeit wird. Es gibt keine Wahrheit; es gibt nur Wahrheiten. Es gibt kein endgültiges Recht und Unrecht; es gibt nur Dinge, mit denen wir entweder komfortabel leben können oder die uns unangenehm sind. Wir leben jetzt in einer psychologischen Welt, nicht in einer moralischen Welt, und sicherlich nicht einer, in welcher die moralische Wirklichkeit durch die Heiligkeit Gottes definiert wird. Wir sind jetzt allein in der dunklen Nacht des Relativismus, in der nicht eine Meinung als wahr und eine andere als falsch erklärt werden kann. Wenn eine Ansicht privat sinnvoll erscheint, kann sie nicht durch eine entgegengesetzte Ansicht verneint werden. Die Oxford Dictionaries erkürten das Wort "post-truth" (Nach-Wahrheit) als das Wort des Jahres 2016. Nach-Wahrheit akzeptiert die Tatsache, dass eine private Ansicht legitimerweise eine objektive Tatsache übertrumpfen kann.

In diesem kulturellen Umfeld, welkt alle Autorität dahin. Erstens ist jede Beschwerde gegenüber irgendeiner Art von Autorität inakzeptabel, weil es nichts gibt, um diese Beschwerde zu bestätigen. Zweitens folgt daraus, dass diejenigen, die sich auf eine Autorität berufen, dies aus Motiven des Dienstes an sich selbst tun müssen. Ihr Appell ist einfach ein Weg, um andere zu manipulieren und ihren eigenen privaten Agenda zu dienen.