Ich habe Menschen kennengelernt, die sich durch Lexikas geblättert und gelesen haben. So kam ich auf den Gedanken einzelne Artikel aus Kompendien zu lesen. Es gibt mittlerweile zu vielen Themen, Personen und Epochen solche Begleitwerke, z. B. die Reihe der Oxford Companion, der Cambridge Companion oder die der Blackwell Companions to Literature and Culture.
Aus dem The Oxford Companion to the Supreme Court of the United States las ich unter den Stichworten "Abortion" und "Roe vs. Wade" über die gerichtlichen Entscheide zur Zulassung der Abtreibung in den Vereinigten Staaten nach. Hier sind 10 Argumente:
- Es gehe um das konstitutionelle Recht zur sexuellen Autonomie (zu deutsch "Eigengesetzlichkeit"). Der Umbruch sei durch die sexuelle Revolution und die Verhütungsmittel ausgelöst worden.
- Die Vorkämpfer der Abtreibungsbefürworter, allen voran Margaret Sanger, wollten die Familiengrössen besonders unter Armen begrenzen.
- Es gehe um die reproduktive Selbstbestimmung (ich folgere: es geht vor allem um das Individuum, nicht um die Langfristfolgen für die Gemeinschaft).
- Die zentrale Frage laute: Ist der Fötus ein vollständiges menschliches Wesen? Genau, das ist die Frage. Christen können darauf nur mit einem entschiedenen "Ja" antworten.
- Die Argumentation für die Legalisierung im ersten Trimester: Es gehe um die "Gesundheit der Frau". Im zweiten Trimester handle es sich um "potenzielles Leben".
- Es gab verschiedene Vorstösse, den Begriff "Person" für Ungeborene gesetzlich zu verankern. Ein wichtiges Anliegen!
- Die Frauen hätten sofort realisiert und reagiert, wenn sie in einem anderen Bundesstaat ihr Ziel (Abtreibung) erreichen konnten.
- Ein weiteres Argument lautete, die Illegalität aufheben zu wollen und damit die Qualität der medizinischen Versorgung zu heben. (Heute wissen wir, dass dadurch vor allem die Zahl der Abtreibungen dramatisch anstieg.)
- Pikantes Detail: Die Frau, an deren Fall sich die Gerichtsentscheidung 1973 zuspitzte, log das Gericht an, es habe sich um Vergewaltigung gehandelt. Im Nachhinein gab sie zu, dass das Kind aus einer zerbrochenen Beziehung stammte!
- Als praktische Folge wird festgehalten: Abtreibung auf Verlangen ist möglich. Erschütternd!