Wenn die Kinder heranwachsen (4): Den unbequemen Weg wählen

Wir betreten eine sehr anspruchsvolle Etappe im Familienleben. Unsere Söhne wachsen zu Männern heran. Wir Eltern sind nicht mehr ganz so jung und spritzig wie noch vor zehn Jahren. Wir haben uns enorm in ihre Erziehung und Bildung investiert. Zudem ist es ein Unterfangen mit Risiko, wie es das Leben überhaupt ist. Nicht mit Sicherheitsabstand und abgeklärtem Blick auf die Vergangenheit (was in sich schon Distanz schafft), sondern mit brennender Sorge, Ringen und Gottvertrauen nächste Schritte wagen. Viele Eltern haben in dieser Phase längst abgehängt. Weshalb? Weil sie ihre Kinder schon viel früher innerlich losgelassen haben. Sie sind deren leibliche Versorger, stellen Unterhaltung und Ausgleich sicher. Doch inhaltlich und charakterlich haben sie den Kindern eigentlich nichts mehr zu sagen. Mann und Frau haben längst wieder ihren eigenen Projekten gewidmet, sind mit Weiterbildungen beschäftigt und natürlich auch damit, den sich ansammelnden Besitz zu verwalten.

Es lauert noch eine andere Gefahr: Die Kinder werden flügge. Ohne es sich bewusst zu sein beginnen manche Eltern damit, die Kinder durch die materielle Überlegenheit zu binden. Das geschieht oft unbewusst. Durch Annehmlichkeiten kann man die Kinder bei sich behalten: Man fährt im Auto mit, Unterhaltung wird bezahlt. Die Ferien werden gebucht – natürlich an einem Ort mit Auslauf. Alle Grundleistungen inkl. Essen, Wäsche, Ordnung und Anschaffungen werden anstandslos von den Eltern übernommen. Alles ist vorgebahnt, man kann hinterher trotten. Das ermöglicht ein reibungsarmes Dasein. Innerhalb dieser Leitplanken ist vieles möglich: Freundschaften zum anderen Geschlecht, stundenlange Online-Zeiten, Shoppen und Betäubung durch Alkohol und andere Suchtmittel. Manche Eltern wischen dies mit einer Handbewegung weg: „Das gehört zu dieser Phase.“

Ein temporäres Ausscheren – eine andere innere Ausrichtung, Wegbleiben in der Nacht und am Wochenende – fällt nicht ins Gewicht. Das Wir wird vom Rest geprägt. Man schaut nicht mehr genau hin. Vor allem das Gespräch wird gemieden. Die Heranwachsenden werden gelassen. Der Weg für Eigeninitiative, Übernahme von Verantwortung, Konsequenzen für das eigene Handeln zu tragen wird so nicht gefördert. Denn der andere Weg ist harter, reibungsvoller und schwieriger. Wir haben den Weg eingeschlagen, mit Risiko, mit grossem Vertrauen auf unseren Gott. Befremden ist uns auf diesem Weg garantiert, wahrscheinlich ähnlich wie damals, als wir uns zum Privatunterricht entschieden.