Kolumne: Eine evangelikale Erklärung zur Sexualethik

Die Nashville-Erklärung, in den USA kontrovers diskutiert, ist dieser Tage in deutscher Sprache erschienen. Dass mit einem solchen Papier die Wogen der Diskussion hochgehen, erstaunt nicht. Schade, dass es erst so spät geschieht. Es scheint mir, als hätten viele Christen die säkularen Denkvoraussetzungen schon verinnerlicht. Ich stimmte Matthias Lohmann zu: „Obwohl das Christsein nicht mit einer Sexualmoral verwechselt werden darf, können wir die biblische Sicht auf die Geschlechtlichkeit nicht aufgeben.“

Ich hebe einige Dinge aus der Erklärung heraus und kommentiere sie mit eigenen Worten.

  1. (Präambel) "Die westliche Kultur ist zunehmend post-christlich geworden. Sie hat begonnen, ganz neu zu definieren, was es heißt, ein menschliches Wesen zu sein." Identität ist "Ausdruck autonomer Präferenzen des Einzelnen". Hier ist ein Weg "ohne falsche Scham" und einem klaren gegenkulturellen Zeugnis angezeigt.
  2. (Artikel 1) Unsere Gesellschaft wird vom (kündbaren) Vertragsdenken beherrscht. Der Mensch ist autonomer Vertragspartner. Dadurch wird die normative Seite Vertrages, nämlich seiner durch den Schöpfer gestellten Bedingungen, ausgeschlossen. Der Schöpfer und Herr erhebt den Anspruch auf volle Loyalität!
  3. (Artikel 2) Der ethische Relativismus und die Herrschaft von Gefühl und Begehren sind selbstverständlich Hauptkriterien für den Geschlechtsakt. Hier rühren wir an eine weitere Grundkategorie des säkularen Denkens. Das Entscheidkriterium stellt für ihn die Stimmigkeit dar.
  4. (Artikel 4) Manchmal wird mit einem heilsgeschichtlichen Argument hantiert: Die Unterschiede zwischen Mann und Frau seien durch den Sündenfall und nicht durch die ursprüngliche Schöpfungsordnung bedingt. Das muss differenziert werden: Durch den Sündenfall werden die Unterschiede pervertiert.
  5. (Artikel 6) Dieser Paragraph adressiert eine kleine Gruppe von Menschen mit Geschlechtsdiffferenzierungsstörungen. Anhand dieser Gruppe wird das Prinzip bekräftigt, ein "fruchtbringendes Leben in freudigem Gehorsam" möglich sei. Selbstverständlich wird dies gemäss POMO-Definition von "Liebe" als äusserst "lieblos" abqualifiziert werden. Liebe ohne Wahrheit ist wie ein Flugzeug mit einem Flügel: Es stürzt ab.
  6. (Artikel 8) Es ist auch immer wieder zu hören, dass Homo- und Transgender-Selbstkonzepte Teil von Gottes Schöpfungsordnungen seien. Hier wird wiederum heilsgeschichtlich unzulässig argumentiert. Es geht um die Sünde, welche diese Ordnung korrumpiert und zerstört.
  7. (Artikel 10) Es geht um eine erstrangige Frage, weil sie direkt die Verfassung des Menschen sowie die Grundlagen der Heilsgeschichte in Frage stellt. Dies kann keine "untergeordnete Meinungsfrage" sein.
  8. (Artikel 12) Es ist nicht Prüderie oder Verleugnung unserer Körperlichkeit, dass Gott durch das neue Leben es ermöglicht "sündhafte Begierden abzutöten und des Herrn würdig zu leben". Diesem Argument liegt der fehlgeleitete Freiheitsbegriff zugrunde. Letzlich ist dies ein Zweifel an Gottes Macht und Fähigkeit Menschen zu erretten und verändern (vgl. Artikel 14).