In den letzten Tagen gab es drei bedenkenswerte Wortmeldungen meiner Freunde.
CB, ein langjähriger Beobachter des Evangelikalismus im deutschen Sprachraum, fasst zusammen:
Die postmoderne, emergente Bewegung ist (leider) sehr real und in weiten Kreisen dominant. Sie ist zwar dezentral, doch inhaltlich ziemlich homogen. Sie trägt alle Züge einer breitangelegten Bewegung: eigene Verlage, viele Buchreihen, viele populärer Vertreter, provokante Thesen, eigenes Vokabular für alte Themen mit neuen Schwerpunkten ("missional", "Gesellschaftstransformation"). Im Grunde ist sie eine populäre Adaption moderner Theologie, inklusive all ihrer Prämissen und Konklusionen. In Details gibt es Unterschiede, doch in einem sind sich alle einig: Nie wieder zurück zum konservativen, historischen Protestantismus, mit seiner "Schmalweg-Herzensbekehrung", seinen Dogmen, seinem "exklusivistischen Wahrheitsvertändnis", seinen "intoleranten ethischen Normen" und seiner "individualsoteriologischen Engführung"! Mit anderen Worten: Die emergente Theologie hat den christlichen Glauben eigentlich erstmals richtig verstanden.
RN analysierte die Art und Weise der Diskussion treffend:
1.) Vermeide die Sachebene.
2.) Wechlse wenn möglich auf die Metaebene.
3.) Suche Dir einen Formfehler und bausche ihn auf. Rede über die Form der Aussagen, nicht über Inhalte. Vermeide Inhalte wie die Pest.
4.) Reagiere gereitzt auf Kritiker und propagiere gleichzeitig Toleranz.
5.) Setze Dich auf ein hohes moralisches Ross und galoppiere wenn nötig aus der Diskussion weg, nicht ohne den anderen Intoleranz, Engstirnigkeit, Unsensibilität vorzuwerfen.
Ron Kubsch schrieb kritisch und hoffnungsvoll:
Die Botschaft der Kirche ist heute die eigene Relevanz. Wir wollen uns selbst als für die Welt bedeutsam und attraktiv darstellen. Und wir merken dabei nicht, dass das, was wir der Welt bieten können, ziemlich überschaubar ist. Und: Das einzige, was die Welt sich nicht selbst geben und sagen kann, wird längst unscharf oder überhaupt nicht mehr verkündigt. Der Geist der Wahrheit redet aber nicht von sich und verherrlicht auch nicht die Träume und Taten der Frommen. Der Heilige Geist leitet uns in alle Wahrheit, redet, was er vom Vater empfängt und verherrlicht Christus (vgl. Joh 16). Es geht um den Retter der Welt angesichts eines drohenden Gerichts. … Was mich bei aller berechtigen Sorge und Klage fröhlicher stimmt als vor 10 Jahren, ist die Tatsache, dass immer mehr junge Christen genau die Sackgasse, in die wir uns hineingefahren haben, durchschauen. Bei verschiedenen Gelegenheiten habe ich Menschen getroffen, die längt bemerkt haben, dass das Japsen nach Relevanz, Transformation oder Unterhaltung nicht in den Aufbruch, sondern in die Bedeutungslosigkeit und in eine – ich formuliere bewusst dialektisch – „betörende Funkstille“ geführt hat. Die Welt wird nicht besser, indem wir uns ihr verschenken. Die Welt braucht etwas, was nicht von der Welt ist. Wenn wir nicht von der Quelle her leben und verkündigen, fehlen Würz- und Leuchtkraft. Genau deshalb ist es ja unser Auftrag, das Wort des Christus, das schriftgemäße Evangelium von der freien Rechtfertigung des Sünders, weiterzugeben (vgl. Röm 10,17). So entsteht Glaube. So werden Menschen gerettet. So werden Menschen verändert. So ziehen Menschen mit einer Botschaft in die Welt.
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