Kolumne: Ich möchte den Glauben mal überprüfen

Ich spreche immer wieder mit «christlich sozialisierten» jungen Erwachsenen, die den christlichen Glauben «ernsthaft überprüfen» möchten. Manchmal werde ich den Eindruck nicht los, dass dies ein «kryptischer» Ausdruck einer schon getroffenen Entscheidung sei.

Kriterien einer Scheinprüfung

  • Die Prüfung führt zu einem Stopp der geistlichen Disziplinen, nicht aber zum Ende der guten Absichten.
  • Die Prüfkriterien entsprechen in Wirklichkeit den Dogmen des säkularen Glaubenssystems.
  • Die Prüfung führt zu sporadischen, ausgewählten Gottesdienstbesuchen in unterschiedlichen Kirchen.
  • Es gibt intensivierte Kontakte zu anderen «Ehemaligen».
  • Der Prüfung sind bereits Kompromisse in der Lebensführung, vorab im sexualethischen Bereich, vorangegangen.

Kriterien einer echten Prüfung

  • Die Prüfung führt zu einem intensiven Studium der Quellen. Im Falle des christlichen Glaubens: Das Lesen der ganzen Bibel, eines Werks zur Heilsgeschichte, zur Systematik, zur Kirchengeschichte und – ganz wichtig – zur Frage der Wahrheit.
  • Die Prüfkriterien stellen den christlichen Glauben und das säkulare System einander gegenüber.
  • Die Prüfung führt zu intensivem Gottesdienstbesuch.
  • Die Prüfung führt zu langen Gesprächen mit geistlich erfahrenen Menschen.
  • Die Prüfung führt zu Änderungen in der Lebensführung.

Ich befürchte, dass wir – wie es G. K. Chesterton sagte – an allem gerne zweifeln, ausser am eigenen Zweifel. Die einzige Instanz, die wir zu wenig in Zweifel ziehen, ist unsere eigene Schaltzentrale! Ich empfehle das Buch «Im Zweifel für den Zweifel?». Os Guinness schrieb das Buch «Das Problem des Zweifels» (meine Buchzusammenfassung).

Anders herum gefragt: Sind unsere Häuser und unsere Kirchen Heimatorte für die echte Prüfung?