Input: Daniel 1 als Modell schulischer Ausbildung

Der Reformator Heinrich Bullinger (1504-1575) hat in den letzten 15 Jahren seines Wirkens Predigtreihen über die Offenbarung des Johannes sowie über die alttestamentlichen Prophetenbücher Jesaja, Jeremia und Daniel gehalten. Daniel 1 hielt er für ein Modell schulischer Bildung. Thomas Krüger fasst in seinem Aufsatz „Heinrich Bullinger als Ausleger des Alten Testaments am Beispiel seiner Predigten Daniel 1 und 2“ die Anwendungen zusammen:

  • Alle Herrscher sollten in dieser Weise Maß halten und einen Sieg nicht dazu missbrauchen, das besiegte Land zu verwüsten.
  • Vorbild für alle Fürsten und Herrscher ist Nebukadnezar darin, dass er für die schulische Ausbildung seiner Hofbediensteten Sorge trägt. Zwar tut er dies als Heide zur Förderung seines Aberglaubens, aber Gott lenkt es zu einem guten Ende. Wieviel mehr soll die christliche Obrigkeit sich um die Ausbildung der jungen Leute kümmern!
  • Bullinger ist der Ansicht, dass die Schulen begabte junge Leute auswählen sollen, um sie für den Dienst in Kirche und Staat auszubilden.
  • Dass Daniel in Babylon so wie Mose in Ägypten «heidnische » Wissenschaften erlernt hat, verteidigt Bullinger unter Berufung auf Hieronymus, der sich dafür eingesetzt habe, dass Christen auch heidnische Schriften lesen sollen. Man müsse das Gute daran behalten, das Schlechte aber verwerfen.
  • Vorbild ist Nebukadnezar auch darin, dass er die Studienzeit auf drei Jahre begrenzt und die Studien auf ein praktisches Ziel hin ausrichtet: den Dienst am Königshof. Ebenfalls vorbildlich ist, dass der König seine Studierenden mit allem Lebensnotwendigen versorgt, damit sie nicht durch die Sorge um ihren Lebensunterhalt von ihren Studien abgehalten werden. Höchst weise erscheint es Bullinger, dass Nebukadnezar den Studierenden ihr Stipendium in Form von täglichen Rationen von seiner Tafel zuweist und dadurch der Maßlosigkeit wehrt.
  • Daniel und seine Freunde sind darin Vorbilder, dass sie wissen, dass sie ihren Erfolg im Studium der Hilfe Gottes verdanken, und deshalb bescheiden bleiben.
  • Daniel und seine Freunde boten „ein gutes Exempel gegen die heute bei Studenten wie Professoren grassierende Trunksucht. Die beiden Hauptlaster, die junge Studenten gefährden, sind nach Bullinger «venter» und «venus»: Maßlosigkeit im Essen und Trinken sowie sexuelle Begierde, die zu Hurerei oder zu Liebesbeziehungen führt.“