Kürzlich wurde ich nach meinem Eindruck zu Wayne Grudems neu herausgegebenen Ethik gefragt. Ich bin mittlerweile bis in die Hälfte vorgedrungen. Meine Antwort: Prädikat „lesenswert“.
Ein grosses Ja
Im grossen Ganzen bin ich begeistert, dies aus sieben Gründen:
- Grudem legt seine Positionen und die dafür notwendigen Vorannahmen vorbildlich klar offen. Das heisst, er nimmt einen Standpunkt ein und skizziert nachvollziehbar den Weg dorthin.
- Er legt einen Schwerpunkt auf die biblische Begründung. Dabei achtet er darauf, die tragenden Belegstellen in ihrem vollen Wortlaut aufzuführen. Damit begegnet er einer grossen Not heutiger ethischer Diskussionen: Der Bibelvergessenheit.
- Er gewichtet seine Argumente und beugt damit dem Gegenteil vor: Aufgrund von Einzelstellen eine spezifische Meinung durchzudrücken.
- Durch den schrittweisen Aufbau wird der Leser an der Hand genommen. Jedes Kapitel ist zudem im Inhaltsverzeichnis und am Anfang zusammengefasst.
- Grudem geht wertschätzend mit den eigenen Lehrern, allen voran John Frame, um (bei dem er in den 1970ern im Studium Ethikkurse belegte).
- Zudem pflegte er den Austausch mit Vertretern anderer Positionen. Er dokumentiert Übereinstimmungen und Abweichungen.
- Das Ziel des Lehrbuches ist die Anbetung (Doxologie). So endet jedes Kapitel mit persönlichen Fragen als Anstösse zum veränderten Denken und Handeln. Zudem fügte der Autor jeweils eine passende Hymne ein.
… und ein kleines Nein
- Grudem vertritt schon ganz zu Beginn die Position, dass zu jeder Detailfrage eine biblische Antwort gefunden werden könne. Dies bewirkt durch das Werk eine leichte Verschiebung auf die biblische Normenethik zu Ungunsten der Situation (Frage der Weisheit).
- Zudem ist insgesamt die Frage, wie lange ein solches Werk ausfallen soll. Die Kapitel sind durch Untertitel und Gliederungspunkte engmaschig unterteilt. Die Gesamtlänge ist jedoch beträchtlich.
Hier geht es zu meinem ersten Eindruck, den ich nach 300 Seiten geschrieben habe.