E21 Konferenz: Nachgedanken – die Familie unter der Spannung zwischen Anspruch der Gegenkultur und urbaner Wirklichkeit

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Im Nachgang zur E21-Konferenz in München beschäftigt mich nach einem Gespräch die Frage: Und was ist mit den (jungen) Familien? Sie haben es wahrlich nicht einfach im urbanen Alltag einer Grossstadt wie München (oder Zürich). Eigentlich wäre der Anspruch (und der Wunsch) da, als Familien eine Gegenkultur zu leben. Mir ist da das Buch von Rosaria Butterfield vor Augen, die eine radikale Art der Gastfreundschaft lebt (siehe hier). Die Realität präsentiert sich jedoch ganz anders.

Eine nüchterne Analyse des Ist-Zustands

Wenn ich in die mir bekannten Familien blicke, dann eröffnet sich mir ein ganz anderes Bild. Die Agenden der Familien sind proppen-voll. Mann und Frau gehen einer Erwerbstätigkeit nach. Dies tun sie nicht unreflektiert; sie haben sich manche Überlegung angestellt. Die Pensumreduktion macht es nicht immer einfacher. In Teilzeit muss mehr untergebracht werden. Der Abstimmungsaufwand erhöht sich im Geschäft und zu Hause. Die Kinder werden wechselnd von Elternteilen, Grosseltern und professionellen Einrichtungen betreut. Das sorgt erst einmal für zusätzliche Transferzeiten.

Schule, Sport und andere Freizeitveranstaltungen pflastern die Tage zu. Oft werden die Kids von einer Veranstaltung zur anderen «gekarrt». Mann und/oder Frau besuchen noch eine Weiterbildung. Das sorgt nochmals für Zusatzstress, denn abends wäre es eigentlich gut, Familienzeit zu haben.

Die Veranstaltungen der Gemeinde kommen dann noch obendrauf. Atemlos rauschen die Eltern in die Gottesdienste, Hauskreise und Elternkurse. Der wirkliche Entlastungsseufzer kommt (erst) dann, wenn eine Veranstaltung ausfällt.

Das Bewusstsein ist angestiegen, dass die Medien und die Gruppe der Gleichaltrigen die Katechese des Nachwuchses übernommen haben. Es regt sich das schlechte Gewissen.

Da sehnt man sich insgeheim nach den Bilderbuchzeiten als Familie. Innerlich entsteht das Bild vom Picknickkorb auf der grünen Wiese, einer ungestörten Mahlzeit, spielenden Kindern und einigen ungestörten Momenten mit einem Buch.

Die Restzeit will sorgfältig geplant sein. Diese trägt den Namen «Urlaub». Ein nicht unbedeutender Teil der Finanzen fliesst in diese Projektionsflächen von bewussten Langsamkeit, der ungestörten Familien- und Ehezeit. (Die Realität sieht dann allerdings anders aus. Der Urlaub verschlingt einen bedeutenden Teil des Einkommens. An- und Abreise sind stressig: Staus, Flugverspätungen. Im Urlaub entladen sich Konflikte, die in der Hektik des Alltags unter der Oberfläche schmorten.)

What now? Was jetzt?

Ich weiss schon, am liebsten hätten wir ein Rezept. Oder eine Uhr, die unsere Tage verlängert. Oder finanzielle Möglichkeiten, die uns auf Jahre entlasten würden. Doch dies verändert unseres Inneres nicht. Wir befinden uns auf Wanderschaft. Wir sind unterwegs zur ewigen Seligkeit. Wir werden durch viele Mühsale, sprich Hindernisse, in das Reich Gottes eingehen.

  1. Die zentrale Frage: Wonach steht mein Verlangen? Habe ich am Ende eine säkulare Utopie «mein kleines Paradies jetzt» verinnerlicht?
  2. Priorität Gebet: Bitte inständig um eine Neuordnung. Wenn sich ein Kampf lohnt, sind es die (auch kurzen) Gebetszeiten. Besonders geeignet sind die Momente vor einem Ortswechsel, vor und nach den Mahlzeiten, beim Ins-Bett-gehen und Aufstehen.
  3. Pflege dein Inneres. Jede Investition in das Innere lohnt sich. Nimm dir Zeit für Herzensgespräche – wenn es um Motive, Absichten und Sehnsüchte geht.
  4. Unser Leben findet jetzt statt. Schliesse dich nicht der säkularen Trennung von Arbeit und Freizeit an. Frage dich vielmehr: Was liegt heute (nicht) drin?
  5. Ringe um den Schluss des Kraftaktes, gegen aussen eine gute Falle abzugeben. Menschenfurcht ist eine Falle und raubt uns dringend benötigte Ressourcen.
  6. Thematisiere innere Energiefresser. Das sind soziale Medien (Sport), Online-Spiele, Pornografie. Sie unterstützen die Flucht vor der Wirklichkeit.
  7. Nimm Abschied vom Gedanken: Tue dir etwas Gutes. (Vergleiche mit den vergangenen Resultaten und den Momenten des Frustes und der Enttäuschung.)
  8. Nutze die Möglichkeit der gemeinsamen Mahlzeiten zur Unterredung und Gemeinschaft mit der Familie.
  9. Überlege dir, wie du die Transporte so gestalten kannst, dass Gespräche und Nachdenken über Wesentliches möglich werden.
  10. Pflege einen einfachen Lebensstil – nicht als Selbstzweck, sondern um Raum für die Erneuerung zu schaffen.