Ich habe das neu in deutsch erschienene Buch “Identität” von Francis Fukuyama gelesen. Hier sind meine Notizen.
Wenig überraschend bezieht er die therapeutische Kultur, wie sie bespielsweise von Christopher Lasch in “Das Zeitalter des Narzissmus” (ich habe seine Grundaussage hier zusammengefasst) oder Philipp Rieff in “The Triumpf of the Therapeutic” (eine kurze Typisierung hier) schon vor Jahrzehnten diagnostiziert haben, in seine Überlegungen zur zeitgenössischen Identitätsbildung mit ein.
Überraschend nennt er dann als Beispiel den evangelikalen Megapastor Rick Warren:
Rick Warren, dessen Church Growth Movement in den letzten Jahrzehnten zu einem Wachstum Tausender evangelikaler Kirchen geführt hat, verkündet eine … therapeutische Botschaft. Sein gesetztlich geschütztes ‘Purpose-Diven-Life-Movement’ hebt hervor, wie wichtig es sei, dass sich Pastoren um die ‘gefühlten Bedürfnisse’ von Nichtgläubigen kümmern, was nicht anderes zur Folge hat als die Schwächung der christlichen Lehre zugunsten einer unverhohlen psychologischen Sprache. (S. 126)
Er stellt m. E. zu Recht fest, dass das psychologisierte Klima durch die Kirchen übernommen wurde.
Das therapeutische Modell ging direkt aus zeitgenössischen Identitätsbegriffen hervor. Es postulierte, dass wir tiefe innere Räume besitzen, deren Potenzial nicht verwirklicht wird. (S. 129)
Ich habe kurz über die Einordnung nachgedacht (8 Minuten).
Weiterlesen: Meine ausführlichen Rezensionen zu David Wells’ mehrbändiger Kulturkritik, ebenfalls den Podcast “Warum die suchersensitive Bewegung im Sterben liegt”.