Hanniel hirnt (249): Was Barth attraktiv scheinen lässt

Ich stecke in einer grösseren Aufnahmeserie zu Leben, Werk und kritischer Würdigung von Karl Barth. Nachdem ich mir mehrere Vorlesungen aus Princeton 2019 (u. a. diese hörenswerte von Christiane Tietz zur Eschatologie Barth angesichts des Todes seines Sohnes Matthias 1941) angehört hatte, zudem ihr Interview auf SRF und die Einführung von Frank Jehle, schliesslich den (hörenswerten) Vortrag von Niklas Peter über die Aktualität von Barths Theologie, beschloss ich eine eigene Podcastserie aufzunehmen. Hier habe ich meinen Standort sowie Ziele dargelegt.

In seiner interessanten Auslegung des Schottischen Bekenntnisses von 1560 im Rahmen seiner Gifford Lectures 1937/38 schreibt Barth über die Schöpfer-/Geschöpf-Unterscheidung. Diese Rückkehr zur Theozentrik lässt ihn auch für theologisch Konservative attraktiv scheinen.

Die Welt ist. Aber auch die Welt ist nicht allein. Und wenn die Welt darum nicht allein ist, weil sie durch Gott ist und also Gott hinter sich, über sich und vor sich hat als den, ohne den sie nicht wäre, so ist Gott darum nicht allein, weil durch ihn selber die Welt ist: durch ihn, der doch ohne die Welt in sich selbst nicht weniger wäre, was er ist. Dies ist der Unterschied in ihrem Verhältnis: Gott ist mit der Welt zusammen als deren freier Schöpfer; die Welt ist mit Gott zusammen als die in seiner Freiheit gegründete Schöpfung. In der Erkenntnis dieses Unterschiedes erkennen wir Gott als den Einzigen.  … Im Selbstbewußtsein des Menschen entsteht die Möglichkeit und Wirklichkeit der Leugnung des Einzigen. Nicht etwa in der Form, daß der Mensch die Existenz dieses Einzigen leugnet, sondern sehr primitiv in der Form, daß er sich selbst mit diesem Einzigen identiziert. Der Mensch kann — als ob er Schöpfer, als ob er frei, als ob er Herr wäre wie der, durch den er doch ist — sich selbst als das Maß aller Dinge ansehen und behandeln und also meinen, von sich selbst nicht weichen zu dürfen, sich selbst dienen und ehren zu müssen, sein Vertrauen auf sich selbst setzen zu können. Der Mensch kann sich selbst, ohne Gott zu leugnen, für mächtig auch über Gott halten. Und der Mensch kann das nicht nur, sondern er tut es. „Ihr werdet sein wie Gott!” Dieser Stimme hat er schon lange vor Cartesius Gehör und Gehorsam geschenkt. (S. 51-54)