Holger Lahayne hat einen sauber recherchierten und mit wichtigen Belegen gespickten Aufsatz zur Abtreibungsfrage verfasst. Es beginnt mit einer Darstellung der biblischen Ausgangslage.
In der gesamten Bibel wird unterstrichen, dass nicht nur (geborene) Kinder, sondern auch schon die Leibesfrucht ein Segen ist (Ps 127,3; 128,3.6; Gen 49,25; Dt 7,13; 28,4). Kinder haben im Mutterleib eine Beziehung zu Gott (Ps 51,5; 58,4; 71,6; 139,13–16; Job 31,15; Jes 44,2.24; Jer 1,5; Ri 13,5.7; Lk 1,15.41); Kinder in der Gebärmutter werden genauso bezeichnet wie die geborenen Personen (Gen 25,22; 38,27f; Job 1,21; 3,3.11f; 10,18f; 31,15; Jes 44,2.24; 49,5; Jer 20,14–18; Hos 12,3), bis hin zur Zeugung (Ps 51,5). Vielfach wird die personale Kontinuität des Lebens vor und nach der Geburt ausgesagt (David: Ps 139,13; Jer 1,5; Johannes d.T.: Lk 1,24.26).
Der Blick in die Kirchengeschichte zeigt eindeutig:
Auch wenn daher die Bibel die Abtreibung nicht expressiv verbis verbietet – Christen und Juden waren sich (bis ins 20. Jahrhundert) praktisch alle einig, dass sie abzulehnen ist, und dies aus guten Gründen. Die klassische christliche Position wurde von evangelischen wie katholischen Christen vertreten. … Der Schutz von Kleinkindern und Ungeborenen gehört zum Kern der jüdisch-christlichen Kultur. Der Vorwurf, die Verschärfung der gegenwärtigen Abtreibungspraxis sei unzivilisiert, ist aus historischer Perspektive Unsinn.
Wer noch weiter zurückblendet, stellt fest:
Die Gebildeten bewundern heute – mit Recht – die Philosophie der Griechen, sie bestaunen die Architektur der alten Ägypter, schwärmen von der Höflichkeit der Chinesen, vergöttern die Stronomie der Babylonier und rühmen die römische Staatskunst. Darüber wird leicht vergessen, daß all diese Hochkulturen völlig bedenkenlos den Kindesmord als Mittel der Geburtenkontrolle anwandten. (zit. H. Stein)
Fazit:
Ein liberales Abtreibungsrecht entspricht überhaupt nicht unserem traditionellen zivilisatorischen Erbe; es befindet sich in der Tradition der griechisch-römischen Zivilisation und muß fast 2000 Jahre überspringen. Wer ehrlich ist, sagt klar: dies ist pures Heidentum, und das ist uns lieber als der Gott der Juden und Christen mit seinen kleinlichen Vorschriften. Auch hier sehen wir wieder, daß es letztlich um die Wahl zwischen Religionen und Weltanschauungen geht. Und es zeigt sich mal wieder, wie schnell die Erinnerung an die eigene Geschichte verschüttet werden kann – mit entsprechenden Folgen.