Ron Kubsch beobachtet seit Jahren die zunehmend ätzende Wirkung der politischen Korrektheit. Hier geht es zu einer ausgezeichneten Beschreibung des Kerns, nämlich der Heranbildung einer neuen normativen Ethik. Ich trage 10 Überlegungen aus Beiträgen der letzten fünf Jahre zusammen.
Politische Korrektheit und identitäre Weltbilder: «Heute geht es darum, der Gesellschaft ein identitäres Weltbild aufzuzwingen. Ein Weltbild, in dem es keine Individuen, sondern nur noch Träger von Opfer- und Schuldidentitäten gibt.»
Was darf man noch sagen und was besser nicht? «Durch den „Neusprech“ entstehen Scheren in unserem Kopf. Zugleich wird offenbar, wie blass die Argumente der Lobby für eine gendergerechte Sprache letztlich sind.»
Die Wohlfühluniversitäten: «Diesen kultischen Wohlfühlglauben stören wissensproduzierende Staubfänger wie Wahrheit, Logos und die Freiheit, Skepsis und kritisches Denken zu äussern, nur noch.»
Moralischer Totalitarismus: «Es gibt im Feminismus die sogenannte Standpunkttheorie, die besagt, dass jede Position an einen Standpunkt gebunden ist, aber dass die Unterdrückten einen objektiveren Zugang zur Wahrheit haben, weil sie viel mehr sehen als die privilegierte Gruppe, die gar kein Interesse an einer höheren Erkenntnis hat.»
Diktatur der politischen Korrektheit: «Eine Minderheit linker, radikaler Studenten spielt sich an Unis als Gedankenpolizei auf und attackiert tadellose Professoren, weil sie angeblich „Sexismus“, „Rassismus“ und „Imperialismus“ verbreiten. Vielen Hochschulleitungen fehlt die Bereitschaft, ihre Mitarbeiter vor diesen hinterlistigen Angriffen in Schutz zu nehmen.»
Die Wohlfühlzone verlassen: «PC ist eine ernstzunehmende Bedrohung für die Existenz von Universitäten. Wenn ich höre, dass Studenten sich wohl fühlen wollen, hört bei mir der Spass auf. Es ist nicht meine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass sich Leute in meinen Kursen wohl fühlen, im Gegenteil – es ist mein Job, sie dazu zu bringen, die Wohlfühlzone zu verlassen.»
Die Sprachwaschmaschine: «Sprache wird immer wieder angepasst, um Menschen nicht zu verletzen oder herabzusetzen. Der Sprachwissenschaftler Jürgen Trabant nennt das „Sprachreinigung“. Dahinter stecke meist ein politisches Motiv.»
Ungereimtheiten der politischen Korrektheit: «Die Toleranz gegenüber Begriffen, die als rassistisch oder homophob gelten, ist gesunken. Gleichzeitig ist die Toleranz gegenüber krassen Schimpfworten, wie auch die Akzeptanz von Kränkungen älterer Menschen, gestiegen.»
Politische Korrektheit macht krank: «Die Angst geht um auf dem amerikanischen Campus, die Angst der Lehrenden vor ihren Studenten. Schon das männlich konnotierte Wort «Student» birgt, im Deutschen zumindest, was man in den USA eine «microaggression» nennt – einen Mini-Gewaltakt mithin, der die Frauen eliminiert. Mini-Aggressionen sind sprachliche Wendungen, die als verletzend aufgefasst werden könnten.»
Infantilisierung an amerikanischen Universitäten: «Um Fühlen geht es, nicht mehr um Denken oder Wissen. Anstatt etwas Objektives zu lernen, suchen Studierende Aussagen ihrer Professoren, die emotional verletzen könnten.»