Roger Scruton bemerkt:
Durch eine Art schleichenden Gleichmacherei nähern wir uns der Auffassung, dass der Staat keine Unterschiede machen darf, dass Kinder nicht nach ihren Fähigkeiten und Begabungen eingeteilt werden sollten und dass selbst Prüfungen abgewertet oder zumindest nicht so gestaltet werden sollten, als seien sie das letzte Ziel. Wenn es um die Schulbildung geht, so fügen die Pädagogen hinzu, sind wir, die Experten, zwangsläufig besser informiert als die Eltern, die keine Skrupel haben sollten, ihre Kinder in die wohltätige Obhut eines Staates zu geben, der immer auf unseren weisen Rat hin handelt.
Mit anderen Worten, man ist davon ausgegangen, dass Bildung um des Kindes willen existiert. Meiner Ansicht nach interessiert sich der Staat nur deshalb für Bildung, weil er ein anderes und dringenderes Interesse an etwas anderem hat – nämlich an Wissen (knowledge). Wissen ist ein Gewinn für alle, auch für diejenigen, die es nicht erwerben und nicht erwerben können. Wie viele unserer Bürger könnten ein Kernkraftwerk bauen, einen Fall in der Kanzlei beurteilen, eine Landzuweisung in mittelalterlichem Latein lesen, ein Mozart-Konzert dirigieren, eine Gleichung in der Aerodynamik lösen, eine Lokomotive reparieren? Wir brauchen das Wissen nicht selbst zu haben, vorausgesetzt, es gibt andere, die Experten, die es besitzen. Und je mehr wir unser Gedächtnis und unsere Informationen auf unsere iPhones und Laptops auslagern, desto mehr werden diese Experten gebraucht. Wenn dem so ist, dann muss der Staat dafür sorgen, dass Bildung, wie verfügbar und wie verbreitet sie auch sein mag, unseren Wissensschatz reproduziert und wenn möglich ergänzt.
… Der Staat, so haben sie uns gesagt, hat eine Pflicht gegenüber jedem Kind, und keinem Kind darf das Gefühl vermittelt werden, einem anderen unterlegen zu sein. Das stimmt zwar, aber der Staat hat noch eine andere und größere Pflicht, die eine Pflicht uns allen gegenüber ist – nämlich die Pflicht, das Wissen zu bewahren, das wir brauchen und das nur mit Hilfe der Kinder, die es sich aneignen können, weitergegeben werden kann.
Vereinfacht gesagt: Wissen nützt dem Kind, aber nicht so sehr wie das kluge Kind dem Wissen. Daher hat der Staat ein Interesse an der Auswahl, so dass denjenigen mit einer Begabung für Wissen die Chance gegeben werden kann, es ohne die vielen Ablenkungen zu erwerben, die dadurch entstehen, dass sie von anderen umgeben sind, die kein Interesse am Geistesleben (life of the mind) haben.