Neujahr (4): Neuer Moralismus

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Ein neuer Moralismus bricht sich in atemberaubender Geschwindigkeit Bahn. Ich spüre seinen «Luftzug» jeden Tag. Nun schulde ich natürlich eine Definition für Moralismus:

  • Ein von einem Einzelnen oder einer gesellschaftlichen Gruppe festgelegtes Testkriterium (oder eine Kriterienbatterie),
  • anhand derer bevorzugt andere und selektiv die eigene Leistung inkl. deren Erfüllung/Befriedigung gemessen wird.
  • Darunter fallen selbst genehmigte Ausnahmen der aufgestellten Regeln.

Ich nenne einige Beispiele.

  • Nehmen wir als erstes Beispiel den «ökologischen Fussabdruck». Der theoretisch errechnete Pro-Kopf-Verbrauch von CO2 und das Vermeiden «unvernünftiger Fliegerei» gelten als messbare Grösse für wahrgenommene Verantwortung für die eigene und zukünftige Generationen.
  • Ein zweiter beliebter Bereich ist die Ernährung (z. B. Slow Food vs. Fast Food) und der Einkauf von lokalen Produkten. 
  • Drittens gehören bestimmte öffentliche Äusserungen über benachteiligte Gruppen wie z. B. Flüchtlinge. (Interessanterweise fällt das tatsächlich geleistete Engagement im Direktkontakt selten darunter.)
  • Im Coronajahr 2020 kam ein buntes Set von Verhaltensregeln (liegt drin/nicht drin) dazu. 

Wie kann diese Thematik, die enorm an Boden gewonnen hat, aus christlicher Weltsicht beurteilt werden?

  1. Sowohl der schonungsvolle Umgang mit Ressourcen der Schöpfung, der Umgang mit Flüchtlingen wie auch das Verhalten gegenüber der Obrigkeit wird in AT und NT zum Thema gemacht.
  2. Die 68er und Nachfolgegenerationen haben zwar immer wieder auf Ausbeutung und Ungerechtigkeit hingewiesen. Gleichzeitig steht die eigene Lebensweise in andauerndem Widerspruch dazu. Die gelebte Maxime lautet nach wie vor: Immer mehr haben und nicht gestört werden!
  3. Das wichtigste Kriterium ist die eigene Stimmigkeit im Moment. Es geht zuerst nicht um einen objektiven Massstab, sondern um die subjektive Befriedigung.
  4. Selbst genehmigte «Ausnahmen» sind deshalb legitim. Sie werden nicht thematisiert wegen der öffentlichen Beschämung.
  5. Der nicht erlöste Mensch (und leider oft auch der nicht geheiligte) tendiert dazu sich selbst erlösen zu wollen.
  6. Der sich im Heiligungsprozess befindende erlöste Mensch setzt sich persönlich mit aktuellen Fragen anhand der Bibel auseinander. Francis Schaeffer sprach von ehrlichen Fragen und ehrlichen Antworten. 
  7. Vorauseilender Gehorsam wie auch Verachtung sind keine Zeichen von geistlicher Reife, sondern von Vermeidung/Komfortzone.