Input: Luther und die Schweizer Reformatoren zur Kirchenmusik

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Aus der Vorlesung von Didier Erne “Die Schönheit der Musik in der theologischen Betrachtung der Dreieinigkeit”

Nach Zwingli war die Musik eine rein menschliche Kunst. Zwingli selbst war ein genialer Sänger und Musiker, beschränkte es jedoch auf die Hausmusik zur persönlichen Freude. Er warnte vor der Musik als weltlichen Sinnesgenuss; Singen bringe nicht nach innen, sondern nach aussen. Sie lenke deshalb ab.  Für Zwingli war der Gottesdienst eine Art der Zweisamkeit; der Pastor durch durch die Hilfe des Geistes im Wort helfe, diesen Zugang zu öffnen. Die Musik wanderte deshalb in die collegia musica, in die Kammermusik und ins Volksschauspiel. In Zürich und Bern wurde 100 Jahre nicht mehr gesungen.

Für Calvin war Musik menschliche Kunst. Wie Zwingli verbannte er Orgel, gregorianische Gesänge und Mehrstimmigkeit aus der Kirche. Er anerkannte jedoch die grosse pädagogische Kraft der Musik. Dies wusste er durch sein Studium der Kirchenväter, insbesondere Augustin. Er befürwortete deshalb einen einstimmigen Psalmengesang zur Verstärkung der Worte. Durch die Musik würde die Lauhheit des Herzens und Kälte des Gebets gebrochen. Der Missbrauch der Kunst sei die Sinneslust, ein ‘ästhetischer Missbrauch’. Rein musikalisches Gotteslob sei nicht möglich, Gott müsse durch das Wort geehrt werden. Folge: Es gibt keine grossen reformierten Komponisten.

Für Luther hingegen war die Musik ein Geschöpf Gottes zum dessen Lob und zur Freude der Mitmenschen. Satan hasse die Musik; dies kam aus seiner persönlichen Erfahrung der Überwindung des Bösen durch die Musik. Mehrstimmige, instrumentale Musik zur Ehre Gottes sei Gottesdienst, heilsame Musik eine Geistesgabe und mache empfänglich für das Wort. Musik hat deshalb eine komplementäre Funktion. Der Gemeindegesang ist Teil der Predigt, sie ist gegenseitiges Verkündigen des Evangeliums und trägt explizite katechetische Funktion Für Luther war ein Pastor, der nicht singen konnte, kein Pastor. Polyphonie war bei Luther Auslegung. Johann Sebastian Bach war ein Erbe Luthers; ja deshalb gewann seine Musik erst ihre Tiefe.

Insgesamt war dies jedoch ein Nebenschauplatz der Reformation, da diese Frage keinen heilsentscheidenden Charakter beinhaltete. Dahinter lag nicht zuletzt eine unterschiedliche Herangehensweise: Luther behielt bei, was gut war. Zwingli und Calvin versuchten alles von der Schrift her neu zu definieren und das zu entfernen, was darin nicht vorkam.