Wir hören uns in der Familie das Hörbuch von “Der Herr der Ringe” an. Bei der Figur von Gollum läuft uns ein Schaudern über den Rücken; er ist uns eine Warnung. Gandalf schildert seine (tragische) Geschichte in Kapitel 2:
Gollum ist ein Lügner, und seine Worte muss man sieben. Zum Beispiel sagte er, der Ring sei sein ›Geburtstagsgeschenk‹, und dabei blieb er. Er habe ihn von seiner Großmutter bekommen, die noch viel Schönes dergleichen besessen habe – eine lächerliche Geschichte. … Der Mord an Déagol lag Gollum schwer auf der Seele, und er hatte sich eine Entschuldigung zurechtgelegt, die er seinem ›Schatz‹ immer von neuem wiederholte, während er im Finstern seine Fischgräten abnagte, so lange, bis er beinahe selbst daran glaubte. Es war sein Geburtstag gewesen, und Déagol hätte ihm den Ring schenken müssen. Offenbar war der Ring nur aufgetaucht, um ihm zum Geschenk gemacht zu werden. Darum war er sein Geburtstagsgeschenk, und so weiter. …
Licht, ob von Sonne oder Mond, scheute und hasste er noch immer, und ich glaube, das wird wohl so bleiben; aber er war gerissen. Er lernte, sich vor dem Tageslicht und vor dem Mondschein versteckt zu halten; und in dunkler Nacht konnte er sich mit seinen fahlen kalten Augen rasch und lautlos zurechtfinden und kleine, ängstliche oder unvorsichtige Geschöpfe überwältigen. …
Mordor zieht alle bösen Dinge an, und die dunkle Macht legte sich gerade mit aller Willenskraft ins Zeug, um sie dort zusammenzurufen. Der Ring des Feindes muss in Gollum auch Spuren hinterlassen haben, so dass er für den Aufruf empfänglich wurde. Und überall munkelte man damals von dem neuen Schatten im Süden und seinem Hass auf den Westen. Da hatte Gollum seine neuen guten Freunde, die ihm bei seiner Rache zur Hand gehen würden! Der erbärmliche Narr! In jenem Land wird er allzu viel erfahren haben, mehr als für ihn gut ist. …
»Es tut mir Leid«, sagte Frodo. »Aber ich habe Angst, und für Gollum empfinde ich kein Mitleid.« »Du hast ihn nicht gesehen«, warf Gandalf ein. »Nein, und ich will ihn nicht sehen«, sagte Frodo. »Ich verstehe dich nicht. Soll das heißen, du und die Elben, ihr habt ihn am Leben gelassen, nach all diesen Greueltaten? Jedenfalls ist er jetzt ebenso schlimm wie nur irgendein Ork. Er ist schlicht ein Feind. Er hat den Tod verdient.« »Verdient hat er ihn, und ob! Viele, die noch leben, haben den Tod verdient. Und manche, die sterben, hätten das Leben verdient. Kannst du es ihnen wiedergeben? Also sei auch nicht zu schnell fertig mit dem Todesurteil! Denn selbst die Weisesten können nicht sehen, wie alles ausgehen wird. Ich habe nicht viel Hoffnung, dass Gollum, bevor er stirbt, noch geheilt werden kann, doch eine geringe Aussicht besteht. Und sein Schicksal ist mit dem Schicksal des Ringes verknüpft. Mein Herz sagt mir, dass er, ob zum Guten oder zum Bösen, am Ende noch eine Rolle zu spielen hat; und dann könnte von Bilbos Mitleid das Schicksal vieler anderer abhängen – nicht zuletzt deines. Jedenfalls, wir haben ihn nicht getötet; er ist sehr alt und sehr elend.