Input: Das Sinnlosigkeitsgefühl – die kraftvolle Diagnose Frankls für das 21. Jahrhundert

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Ich erachte die Frankl’sche Logotherapie als eine der Schulen, die der christlichen Weltanschauung am nächsten kommt – weil sie in der Tat manche Elemente in sich aufgenommen hat und zudem in der leidvollen Realität Mass nimmt. Das Viktor-Frankl-Zentrum in Wien hat eine Reihe von lesenswerten Festschriften veröffentlicht. Ich nehme einige Aussagen aus dem Festvortrag zum 15. Todestag heraus und stelle sich in Kürze der christlichen Weltsicht gegenüber.

Die geistige Dimension des Menschen ermöglicht es ihm, sein Leben unter allen Umständen zu gestalten.Ja: Der Mensch trifft wirkliche Entscheidungen, welche er ver-antwortet und die seinen Lebensverlauf und den anderer beeinflussen.
Nein: Bezogen auf das verlorene ewige Heil kann er aus eigenem Willen keine Rückkehr ermöglichen.
Die erste, körperliche Dimension teilen wir mit Pflanzen und Tieren. Gemeint sind alle mess- und wägbaren körperlichen Phänomene.
Die zweite, psychische Dimension meint die Emotionen und Kognitionen.
Die dritte, geistige, spezifisch humane Dimension ist nicht messbar, nicht sichtbar, nicht greifbar, nicht lokalisierbar. Sie ist der Ausweis menschlichen Seins, ein spezifisch menschliches Phänomen. Sie ist keine körperliche Bewegung oder eine Denkbewegung in räumlich-zeitlichem Sinn, sondern eine metaphysische „Bewegung“ im Sein, die den Menschen auszeichnet. 
Ja: Der Mensch ist geist-leibliches Wesen, eine untrennbare und unverschmelzbare Einheit.
Nein: Eine Dreiteilung in Verstand, Wille und Gefühle ist didaktisch sinnvoll. Letztlich sind entscheidet der Mensch immer als Ganzheit; die Bibel spricht vom «Herz».. Wichtig ist die Tatsache, dass unsere ganze Person von der Sünde in Beschlag genommen und beeinträchtigt worden ist.
Die Wesenslehre vom Menschen muss offen bleiben – offen auf Welt und Überwelt hin. Ja: Der Mensch ist auf seinen Schöpfer, den persönlich-unendlichen Gott hin angelegt. Er transzendiert sich selbst.
Zudem: Seine Bestimmung liegt darin Ihn zu ehren. Jesus fasst seinen Auftrag darin zusammen, Gott und den Nächsten zu lieben.
Um leidenschaftlich zu leben, muss man den Tod kennen als etwas Unumgängliches … dem Leben im Angesicht des Todes möglichst viel abringen.Ja: Der Mensch soll sein Ende bedenken, sich seiner Endlichkeit bewusst bleiben.
Nein: Der Mensch kann die ganze Welt gewinnen und seine Seele einbüssen.
Sinn in der Logotherapie ist jeweils der konkrete Sinn in einer konkreten Situation.
Sinn ist das Gemeinte, das Gesollte, das Bestmögliche für mich und mein Umfeld.
Ja: Gott hat uns als Geschöpf in Zeit und Raum geschaffen. Es geht darum im Moment das zu tun, was uns vor die Füsse gelegt wird.
Nein: Es gilt innerhalb der Situation durch die Kraft des neuen Lebens Gottes Gesetz nachzustreben.
Das In-Frage-Stellen des Lebenssinnes … ist … eigentlicher Ausdruck des Menschseins schlechthin.Ja: Die Anfrage an den Zweck seines Lebens zeugt von seinem Geworfensein auf seinen Schöpfer. Er kann gar nicht anders als nach dem Warum zu fragen.Nein: Sünde ist ein Zustand des Bundesbruchs und der Zielverfehlung, in der sich der Mensch ursprünglich schon befindet. Er hat auch in diesem Zustand ein Empfinden für das Gesollte – und dafür, dass er es nicht erreicht.
In zunehmendem Masse bemächtigt sich des Menschen von heute ein Sinnlosigkeitsgefühl, das für gewöhnlich mit einem Gefühl der ‘inneren Leere’ vergesellschaftet auftritt.Ja: Das Sinnvakuum ist tatsächlich spürbar in der Gesellschaft des 20. und 21. Jahrhunderts. Es zeigt sich besonders in der Grundangst.
Nein: Das Sinnlosigkeitsgefühl kann nicht durch eigenes Streben des Geistes kompensiert werden.
Langeweile: Man lebt in den Tag hinein und aus dem Trieb heraus. (Provisorische Daeinshaltung)
Gleichgültigkeit: Wo der Glaube zurückgeht, wächst der Aberglaube. (Fatalistische Lebenshaltung)
Ja: Beide Haltungen sind beobachtbar.
Zudem: Diese beiden Lebenshaltungen sind Folgen des gefallenen Zustandes. Auch beim erlösten Menschen kann sie weiterhin bestehen. Das neue Leben entfaltet ein anderes Streben, womit sich ein Kampffeld eröffnet.
Das Gewissen ist ein Sinn-Organ.Ja: Das Gewissen ist die innere Instanz im Menschen, die ihn auf die Spannung zwischen Sein und Sollen hinweist.
Nein: Es spürt nicht den einzigartigen Sinn in einer Situation auf, sondern stellt die Abweichung zu Gottes Gesetz fest.
Sinn kann nicht gegeben werden – das würde auf ein Moralisieren herauslaufen.
Sinn muss gefunden werden – Aufforderungscharakter der Situation
Ja: Jeder Mensch hat eine einzigartige Aufgabe. Er ist mit Absicht in eine bestimmte Zeit und an einen Ort hineingestellt worden.
Nein: Die Individualisierung der Moral ist ein Hauptirrtum der nach-aufklärerischen Zeit.