Input: Der Kern der Dialektik

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Rohrmoser beschreibt präzise das dialektische Denken bei Hegel (in: Glaube und Vernunft am Ausgang der Moderne: Hegel und die Philosophie des Christentums, 2009, S. 25-27). Manche modernen Theologen stehen auf seinen Schultern.

Man kann keine Vorrede zur Philosophie verfassen, und es kann keinen Vorbau zu einem philosophischen System, kein Propädeutikum zur Philosophie geben, in dem, gleichsam die Resultate vorwegnehmend, eine Einübung in die Philosophie stattfinden würde. Es stellt sich sogleich die Frage, warum dies nicht möglich sein soll. Hegel zufolge begründet sich diese Unmöglichkeit darauf, dass sich das mitgeteilte Resultat der Philosophie, wenn man vom Vollzug der Bewegung und der begreifenden Anstrengung abstrahiert, aufgrund deren diese Resultate gewonnen worden sind, so sehr unterscheidet wie der Leichnam von• dem Leben, das aus ihm gewichen ist. … Dies ist deshalb der Fall, weil nach Hegel die Erkenntnis, die die Philosophie gewinnt und mitzuteilen hat, nur dann eine Erkenntnis sein kann, wenn der Weg mit- und nachvollzogen wird, aufgrund dessen die Erkenntnis gewonnen ist. Bewegung und Resultat sind in der Philosophie eins. 

… Insofern die Wissenschaften nur die Fakten im Auge haben und von ihrer Genese absehen, sind sie in ähnlicher Weise abstrakt. Jede Erkenntnis, die derart abstrakt mitgeteilt wird, ist aber im Sinne Hegels keine philosophische Erkenntnis. Der Eintritt in die Dialektik bedeutet bei Hegel die Aufhebung der Differenz von Faktum und Genesis. Das Faktum ist nichts ohne Genesis, und die Genesis und Bewegung blieben leer, wenn nicht wirklich zum Resultat vorgedrungen wird. Dies ist im Keim die Geburtsstunde der Dialektik.

… Die Sache ist nicht in ihrem Zweck erschöpft, sondern erst in ihrer Ausführung, noch ist das Resultat das wirkliche Ganze, sondern es zusammen mit seinem Werden. Der Zweck für sich ist das unlebendige Allgemeine wie die Tendenz das bloße Treiben, das seiner Wirklichkeit noch entbehrt, und das nackte Resultat ist der Leichnam, der die Tendenz hinter sich gelassen hat.