Für die Forschung ist diese Einsicht nichts Neues. Der US-amerikanische Soziologe Nicholas H. Wolfinger (University of Utah), Professor für Familien- und Konsumentenstudien, hat in verschiedenen Forschungsbeiträgen folgende für die Glücksforschung bekannte Ergebnisse untermauert.
Wolfinger ist Autor zu einem Buch über die transgenerationalen Folgen von Scheidung (Understanding the Divorce Cycle: The Children of Divorce in Their Own Marriages) und Mitautor einer Studie zu Beziehungen unter US-Latinos und US-Africas (Soul Mates: Religion, Sex, Love, and Marriage among African Americans and Latinos) sowie einer Untersuchung zu fragilen Familien (Fragile Families and the Marriage Agenda).
Verheiratete sind nach wie vor glücklicher als Nicht-Verheiratete und Singles (2019). Wolfinger schreibt zu den Trends unter US-amerikanischen Frauen:
Dreiundvierzig Prozent der Frauen hatten in den 1970er Jahren nur einen vorehelichen Sexualpartner. In den achtziger Jahren war dieser Anteil auf 21 Prozent gesunken. Keiner dieser beiden Trends hat sich nach dem ersten Jahrzehnt des einundzwanzigsten Jahrhunderts wesentlich verändert. Im Gefolge der sexuellen Revolution wurden die 1970er Jahre als ein Jahrzehnt der sexuellen Entdeckungen bezeichnet. Für die große Mehrheit der Frauen, die in diesem Jahrzehnt den Bund der Ehe eingingen, scheint dies jedoch nicht der Fall gewesen zu sein: Fast zwei Drittel von ihnen hatten vor ihrer Heirat höchstens einen Sexualpartner. Selbst in den 1980er Jahren hatte etwas mehr als die Hälfte der Frauen höchstens einen Sexualpartner, bevor sie vor den Traualtar traten. Zu Beginn des neuen Jahrtausends sah das ganz anders aus. …
In den Jahren nach 2010 waren nur noch 5 Prozent der Frauen vor dem Traualtar jungfräulich. Am anderen Ende der Verteilung stieg die Zahl der zukünftigen Ehefrauen, die zehn oder mehr Sexpartner hatten, von 2 Prozent in den 1970er Jahren auf 14 Prozent in den 2000er Jahren und dann auf 18 Prozent in den 2010er Jahren. Insgesamt ist die Wahrscheinlichkeit, dass amerikanische Frauen in den letzten Jahren mehrere voreheliche Sexualpartner hatten, deutlich gestiegen.
Auf die Scheidungsrate bezogen stellt Wolfinger fest:
Im Einklang mit früheren Forschungsergebnissen war die Wahrscheinlichkeit einer Scheidung bei Personen mit weniger Sexualpartnern geringer. Allerdings gibt es erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Heiratskohorten. In allen drei Kohorten hatten Frauen, die als Jungfrauen heirateten, die mit Abstand niedrigsten Scheidungsraten. Elf Prozent der jungfräulichen Ehen (zumindest auf Seiten der Frau) wurden in den 1980er Jahren innerhalb von fünf Jahren geschieden. Diese Zahl sank in den 1990er Jahren auf 8 Prozent, um dann in den 2000er Jahren wieder auf 6 Prozent zu sinken. In allen drei Jahrzehnten sind die Frauen mit den zweitniedrigsten Fünfjahres-Scheidungsraten diejenigen, die vor der Ehe nur einen Partner hatten. Es ist anzunehmen, dass diese Partner die späteren Ehemänner der Frauen widerspiegeln. Dennoch erhöht der voreheliche Sex mit einem Partner die Scheidungswahrscheinlichkeit erheblich.
Wolfinger ist auch aktiver Twitterer. In einem aktuellen Beitrag der WSJ wird der gesellschaftlich breit abgestützte Konsens der späten Heirat in Frage gestellt:
Diese Frage belastet vor allem gebildete Frauen, die sich zwischen ihren Karriereambitionen und dem Druck, sich niederzulassen und eine Familie zu gründen, hin- und hergerissen fühlen. Die gängige Meinung ist, dass sie in ihren 20ern beruflich durchstarten und mit der Heirat bis 30 oder später warten sollten. Dann können sie sich als unabhängige Erwachsene etablieren, bevor sie einen ebenso erfolgreichen Partner finden und sich mit ihm zusammentun. Diese Strategie soll auch ihre Chancen auf eine dauerhafte Bindung maximieren, denn die gängige Meinung besagt auch, dass eine frühe Heirat das Risiko einer Scheidung erhöht.